Oracles schwieriger Tanz mit Open Source

In einem sich an das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten richtenden Whitepaper legt Oracle der Behörde nah, einen Bogen um die Entwicklung mit Open-Source-Software zu machen und lieber den Einsatz kommerzieller Produkte in Erwägung zu ziehen.

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Von
  • Alexander Neumann

Ein von Oracle für das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten erstelltes Whitepaper sorgt für Wirbel in der IT-Medienlandschaft, da es einmal mehr zeigt, dass der IT-Konzern ein gespaltenes Verhältnis zu Open-Source-Software hat. Die Autoren des Dokuments "The Department of Defense (DoD) and Open Source Software" legen der Behörde nah, einen Bogen um die Entwicklung mit Open-Source-Software zu machen und lieber den Einsatz kommerzieller Produkte (eben von Oracle) in Erwägung zu ziehen.

Pikanterweise gibt das DoD selbst Leitfäden heraus, in denen es sich für den Einsatz von Open-Source-Software ausspricht. An anderen Stellen ist das Verteidigungsministerium außerdem schon wiederholt als Fürsprecher von freier Software aufgetreten.

Oracle sieht kommerzielle Software als überlegen an, da einerseits mit Open Source höhere Kosten bei den Löhnen und bei den Dienstleistungen verbunden seien, andererseits würden die Open-Source-Techniken unter gewissen Anforderungen nicht angemessen skalieren. Gerade bei Letzterem sei kommerzieller Software zugute zu halten, dass die dahinter stehenden Unternehmen andere Testmöglichkeiten besäßen, um vor allem für Robustheit und Zuverlässigkeit zu sorgen, die insbesondere im militärischen Umfeld wichtig sein können.

Als weitere Vorteile für kommerzielle Produkte macht Oracle die schon vorgeprüften Integrationsszenarien bei der anvisierten Hardware und keine Gefahren durch eine unsichere Lizenzierung der womöglich aus unterschiedlichen Projekten stammenden Open-Source-Komponenten aus. Unternehmen wie Oracle würden Unternehmen die Auseinandersetzung mit den Lizenzen abnehmen.

Interessant für den Zeitpunkt, zu dem das Whitepaper veröffentlicht wurde: Der britische National Health Service, der bislang seine Gesundheitsdatenbank Spline mit Oracles Datenbank betrieb, will 2014 zu Open Source wechseln, nachdem die Verträge mit dem Datenbankriesen ausgelaufen sind.

Oracle ist selbst ein großer Anwender von Open-Source-Techniken und trägt zu vielen Projekten bei, indem das Unternehmen Entwickler für diese abstellt. Dabei wägt der Konzern aber genau ab, wie sich die Investitionen durch eigene, auf diesen Entwicklungen aufbauende Produkte monetarisieren lassen. Unter dieser Prämisse wurden in der jüngeren Vergangenheit auch schon mal Projekte eingestellt oder veräußert (als Beispiel seien hier die Programmiersprache Fortress oder das verteilte Dateisystem Lustre genannt).

Das trifft nicht immer das Gefallen der Open-Source-Community. Vor allem durch die Übernahme von Sun Microsystems hatte Oracle etliche Open-Source-Techniken, darunter die freie Bürosoftware OpenOffice.org, die relationale Datenbank MySQL und die Programmiersprache Java, "übernommen". Diese in den Einklang mit Oracles Firmenphilosophie zu bringen und umgekehrt, lief dabei nicht immer reibungslos.

Etliche, noch zu Sun-Zeiten als entscheidend geltende Manager und Entwickler kehrten Oracle den Rücken, im Fall von MySQL und OpenOffice.org wanderten gar ganze Communitys zu sich bildenden Konkurrenzprodukten ab. Die Entscheidung, OpenOffice an die Apache Software Foundation zu übergeben, kam angesichts der Tatsache, dass sich schon LibreOffice etabliert hatte, beispielsweise viel zu spät. (ane)