Gentechnik statt Gift

Das britische Unternehmen Oxitec will gentechnisch veränderte Olivenfruchtfliegen im Feld testen – erstmals in Europa. Der Versuch soll zeigen, ob die Labortiere ihre pflanzenschädigenden Artgenossen dezimieren können – als Alternative für Pestizide.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Das britische Unternehmen Oxitec will gentechnisch veränderte Olivenfruchtfliegen im Feld testen – erstmals in Europa. Der Versuch soll zeigen, ob die Labortiere ihre pflanzenschädigenden Artgenossen dezimieren können – als Alternative für Pestizide.

Während der Widerstand in der EU gegen genveränderte Pflanzen so stark ist, dass Firmen wie Monsanto sämtliche Zulassungsanträge für den Anbau gentechnisch veränderter Nutzpflanzen zurückziehen, geht die britische Firma Oxitec nicht nur den umgekehrten Weg – sondern sogar noch einen Schritt weiter: Sie will in Spanien Gentech-Insekten in Umlauf bringen. Die Idee dahinter ist sehr elegant: Per Erbgutveränderung sterilisierte Olivenfruchtfliegen-Männchen sollen ihre wild lebenden Geschlechtsgenossen bei der Paarung verdrängen. Da sie aber keine lebensfähigen weiblichen Nachkommen zeugen können, würden die Schädlinge auf diese Weise langsam ausgerottet. Die Fruchtfliegen richten jedes Jahr beträchtlichen Schaden in den Olivenplantagen an. Die Weibchen legen ihre Eier in die Früchte ab, die geschlüpften Larven zerfressen das Fruchtfleisch.

Schon warnen britische Gentechnik-Gegner wie GeneWatch UK, dass die mit synthetischer DNA ausgestatteten Insekten „große Risiken für Nutzpflanzen und die Umwelt bedeuten könnten“. Doch die Oxitec-Entwickler halten die Methode im Gegenteil für „besonders umweltfreundlich“, da sie den Einsatz von giftigen Pestiziden vermeiden hilft. Fallen aufzustellen oder natürliche Fressfeinde auszusetzen funktioniert zwar ebenfalls ohne Gift – dezimiert die Zahl der Schädlinge bei einem großflächigen Befall aber nicht stark genug, so jedenfalls Oxitec-Chef Haydn Parry.

Im September hat sein Unternehmen bei der spanischen Biosicherheitskommission einen Feldversuch beantragt. In der Nähe der Stadt Tarragona will es auf einem mit Netzen abgeschirmten Testgelände mit 24 Olivenbäumen männliche gentechnisch veränderte (GV) Olivenfruchtfliegen freiset-zen. Wird der Antrag bewilligt, wäre es das erste Freilandexperiment mit GV-Insekten in Europa.

In Asien sowie Nord- und Südamerika hat Oxitec bereits Freilandversuche mit GV-Insekten durchgeführt (siehe Kasten auf S. 43), Firmenchef Parry weiß, dass transgene Organismen in Europa auf besonders große Ablehnung stoßen. Das Problem ist ihm zufolge, dass die Menschen bei genveränderten Insekten sofort an die grüne Gentechnik denken. Hierbei werden Pflanzen mit neuen Eigenschaften ausgestattet, die ihnen Vorteile bringen sollen. Beispielsweise verleiht ein Bakterien-Gen Maispflanzen Schutz gegen bestimmte Fressfeinde. Gentech-Kritiker warnen immer wieder, dass die eingeschleusten Gene den Organismen einen Überlebensvorteil bieten und die Pflanzen sich so in der Natur ausbreiten. Zudem könnten sich etwa genveränderte Maispflanzen mit herkömmlichen Sorten von Nachbarfeldern kreuzen und so das neue Gen verbreiten. „Wir aber geben den Olivenfruchtfliegen dagegen einen deutlichen Nachteil mit“, sagt Parry.

Dieser besteht darin, dass die weiblichen Nachkommen der GV-Männchen eine nur für sie tödliche Mutation erben. Sie bewirkt die Produktion eines natürlichen Zellproteins in letalen Mengen. Schon im Puppenstadium sterben die Fruchtfliegen ab – und damit, bevor sie rausschwirren und sich fortpflanzen können. „Das Protein ist für andere Lebewesen nicht gefährlich. Es ist weder giftig noch löst es Allergien aus, das haben wir in Fütterungstest mit Insekten und Fischen festgestellt“, sagt Parry. Die männlichen Nachkommen überleben und geben die genetische Schädigung weiter. Da die fruchtbaren Fliegen-Weibchen nach und nach sterben, schrumpft die natürliche Population immer weiter, bis die Schädlinge im Verbreitungsgebiet ausgerottet sind.

(vsz)