Herzschrittmacher ohne Chirurgie

Zwei neue, wenige Millimeter lange Geräte sollen Herzpatienten riskante Operationen ersparen. Sie werden mittels Katheter ins Herz eingepflanzt und kommen ohne Elektrode aus, eine der Hauptfehlerquellen von Herzschrittmachern.

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Von
  • Susan Young

Zwei neue, wenige Millimeter lange Geräte sollen Herzpatienten riskante Operationen ersparen. Sie werden mittels Katheter ins Herz eingepflanzt und kommen ohne Elektrode aus, eine der Hauptfehlerquellen von Herzschrittmachern.

Um einen Herzschrittmacher einzusetzen, kommt man bislang nicht um einen chirurgischen Eingriff herum. Ein neues Gerät des Medizintechnik-Herstellers Medtronic soll mit solchen Operationen nun Schluss machen: Der drahtlos ansteuerbare Schrittmacher wird mittels Katheter über eine Hauptvene – etwa im Oberschenkel – injiziert und setzt sich dann im Herz von selbst fest.

Mit einer Länge von 24 Millimetern und einem Volumen von 0,75 Kubikzentimetern ist das Gerät laut Medtronic der kleinste Schrittmacher der Welt. Erstmals implantiert wurde er vergangene Woche in einer Klinik in Österreich.

Ein kaum größeres Gerät hat die Firma Nanostim entwickelt, die Anfang des Jahres vom Medizintechnik-Hersteller St. Jude Medical aufgekauft wurde. Mit 41 Millimetern Länge und einem Volumen von einem Kubikzentimeter ist es kaum größer als das Modell von Medtronic.

Ein Vorteil der neuen Mini-Schrittmacher ist, dass sie ohne die langen Elektroden auskommen, die in herkömmlichen Geräten die elektrischen Signale vom Impulsgeber an das Gewebe übertrugen. Stattdessen übertragen sie die Impulse über die Zinken, die am Kopf des Geräts sitzen (siehe Bild).

Diese Methode benötigt weniger Strom als die Übertragung mittels Elektroden und eliminiert auch eine der wichtigsten Fehlerquellen in Herzschrittmachern. Die Batterien in den beiden Schrittmacher-Typen halten acht bis zehn Jahre. Das Gerät von St. Jude Medical ist in Europa bereits zur Implantation zugelassen.

Die Mini-Schrittmacher sind der letzte Schritt einer Entwicklung, die für Patienten oft traumatische Herzchirurgie sanfter und am Ende überflüssig zu machen. Am Beginn stand die minimal-invasive Chirurgie der 1990er. Sie ersetzte zunehmend den Bypass zur Überbrückung verstopfter Arterien durch Stents oder kleine Ballons, die Engpässe im Blutgefäß selbst ausweiten. In den letzten Jahren sind künstliche Herzklappen hinzu gekommen, die ebenfalls mittels Kathetern verlegt werden.

Das ist besonders für ältere Risikopatienten ein Gewinn, die häufig körperlich nicht mehr fit genug für aufwendige Herzoperationen sind. Brian Lindman, ein Herzchirurg an der Washington School of Medicine, fand mit Kollegen zudem in einer Studie heraus, dass sich die Überlebensrate dank Katheter-Chirurgie auch für Diabetiker erhöht. Ein Allheilmittel seien Katheter-basierte Eingriffe aber nicht, sagt Lindman. „Das hängt vom Herzproblem ab und von den Details der jeweiligen Prozedur.“ Für robustere Patienten sei die Herzchirurgie nach wie vor eine Option, weil sie nachhaltigere Behandlungen am kranken Herzen ermögliche.

Medtronic hat außerdem einen winzigen Elektrokardiographen entwickelt, der etwa den Herzschlag von Patienten mit Herzrhythmusstörungen überwacht. Das Gerät befindet sich derzeit in der Testphase. Die Probanden müssen allerdings noch eine Art Halskrause tragen, die mit verschiedenen, auf der Brust aufgelegten Elektroden verbunden ist. An die überträgt der Elektrokardiograph drahtlos die Messdaten. Eingepflanzt wird er in einem nur acht Millimeter tiefen Einschnitt im Gewebe auf dem Herz. Die Ärzte injizieren das winzige Gerät mit Hilfe einer Art Spritze dorthin. Langfristig sollen die Messdaten auch auf einem Smartphone abrufbar sein, sagt Mark Phelps, der bei Medtronic die neuen Miniaturgeräte mitentwickelt.

(nbo)