"In den letzten 20 Jahren gab es eine enorme Beschleunigung"

James Kuffner, Roboterforscher bei Google, über die Zukunft der intelligenten Automaten.

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Von
  • Will Knight

James Kuffner, Roboterforscher bei Google, über die Zukunft der intelligenten Automaten.

An einem Wochenende im Dezember kämpften mehr als ein Dutzend Roboter in Florida in einem Wettbewerb der US-Militärforschungsbehörde DARPA um die Krone des besten humanoiden Automaten. Das Ziel: Die Systeme sollten zeigen, dass sie in praktischen Einsatzbereichen wie etwa dem Aufräumen nach einem Nuklearunfall verwendet werden können.

Zwei der teilnehmenden Firmen, Boston Dynamics und Schaft, wurden erst kürzlich vom Internet-Riesen Google übernommen. Zuvor hatte der Konzern sechs weitere Robotikunternehmen aufgekauft. Technology Review sprach mit James Kuffner, Mitglied im Robotics Team bei Google, über die Hintergründe.

Technology Review: Herr Kuffner, was können Sie uns darüber sagen, warum Google sich all diese Robotikunternehmen gekauft hat?

James Kuffner: Aktuell noch nichts.

TR: Was fanden Sie an dem im Dezember beendeten DARPA-Wettbewerb besonders spannend?

Kuffner: Ich arbeite seit 20 Jahren an humanoiden Robotern und habe sieben Jahre an der Carnegie Mellon University Robotik gelehrt. Vor fünf Jahren bin ich dann zu Google gekommen, um an selbstfahrenden Autos zu arbeiten. Ich war dabei immer daran interessiert, bahnbrechende Technologien von einer einfachen Idee im Labor zu einem tatsächlich praktisch nutzbaren Verfahren zu machen.

Dieser Wettbewerb mit seinen Aufgaben und Herausforderungen ist eine gute Möglichkeit, die Wissenschaftler zu motivieren, an solch schweren Problemen zu arbeiten und die beste Hard- und Software zusammenzuführen, mit denen diese Maschinen wirklich nützliche Jobs erledigen können. Hätte die Katastrophe von Fukushima mit solchen Robotern zumindest teilweise abgemildert werden können? Daran glaube ich fest. Entsprechend wichtig ist es, dass wir auf dem ganzen Planeten daran arbeiten, die Anwendungsmöglichkeiten humanoider Automaten nach vorne zu bringen.

Der Robotikbereich war bislang eher spröde. Erst mit einer Kombination aus der besten verfügbaren Soft- und Hardware können wir Maschinen die gleiche Leistungsfähigkeit und Agilität geben, wie wir sie von Mensch und Tier kennen. Das ist ein inspirierendes Ziel, das alle hier motiviert.

TR: Wie wichtig ist dabei Boston Dynamics, die Firma, dessen Roboter gleich mehrere Teams beim DARPA-Wettbewerb nutzen? Sie wurde kürzlich von Google übernommen.

Kuffner: Marc Raibert, Gründer und Technikchef des Unternehmens, hat ein unglaublich talentiertes Team aufgebaut und daraus eine Firma entwickelt, die die Grenzen des technisch Möglichen verschiebt – insbesondere, was die Steuerung der Roboter und ihre Agilität anbetrifft. Boston Dynamics lässt sich dabei von Mensch und Tier inspirieren. Das ist sehr innovativ und spannend und ich freue mich sehr darüber, mit Marc und seinem Team künftig eng zusammenarbeiten zu können. Da gibt es jede Menge Potenzial.

TR: Befindet sich die beim DARPA-Robotikwettbewerb gezeigte Technik in einer früheren Phase als das, was man bei den selbstfahrenden Autos sehen konnte?

Kuffner: Man sollte bedenken, dass die ursprüngliche DARPA-Challenge im Automobilbereich aus nicht viel mehr bestand als dem Folgen von Wegpunkten und dem Einsatz des Satellitennavigationssystems GPS. Inzwischen ist das mit der "Urban Challenge" deutlich komplizierter geworden, man muss mit anderen Fahrzeugen interagieren, sich an Verkehrsregeln halten, in der Fahrspur bleiben und so weiter. Das zeigt, wie intelligent die Software sein muss – und wie verlässlich die Hardware. Bei dem aktuellen DARPA-Robotikwettbewerb scheinen die Aufgaben recht einfach gestrickt zu sein, besonders für einen Menschen. Doch in der Praxis sind sie sehr, sehr schwer und können nur durch neueste Technik bewältigt werden.

Bei den selbstfahrenden Autos konnten wir zudem auf 80 Jahre Erfahrung der Automobilentwicklung zurückgreifen. Diese Roboter hier kann man nicht kaufen, es sind Forschungsprototypen. Wir haben aber in den letzten 20 Jahren eine enorme Beschleunigung erlebt. Es ist ungeheuer spannend, zu sehen, wie viel Mühe mittlerweile in diese Projekte fließt, damit aus einem humanoiden Roboter eine praktisch einsetzbare Maschine wird. (bsc)