Amoklauf von Winnenden: Opferfamilien verlangen Waffen- und Gewaltverbote in Medien

Gefordert werden ein schärferes Waffengesetz, eine Reduzierung der Gewalt im Fernsehen, ein Verbot der Killerspiele und eine andere Berichterstattung in den Medien.

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Von
  • Florian Rötzer

Sechs Familien von Schülern, die vom Amokläufer in Winnenden ermordet wurden, haben sich heute in einem offenen Brief an Bundespräsident Horst Köhler, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger gewandt. In dem Brief, der auf der Titelseite der Winnender Zeitung veröffentlicht wurde, fordern die Familienangehörigen, dass sich etwas in der Gesellschaft ändern müsse, um ein zweites Winnenden zu verhindern. Wichtig ist ihnen eine wirkliche Aufarbeitung, zu der auch gehöre, dass auch persönliche Verantwortung aufgezeigt und juristisch belangt wird. Der Brief wurde anlässlich der zentralen Trauerfeier für die Opfer des Amoklaufs veröffentlicht, die heute um 11 Uhr mit einem Trauergottesdient begonnen hatte.

In erster Linie wird verlangt, dass der Zugang zu Waffen für junge Menschern erschwert werden müsse. Es wäre auch angebracht, darüber nachzudenken, ob man auf die Verwendung von großkalibrigen Waffen beim Schießsport nicht überhaupt verzichten könnte. Zudem sollten das bestehende Waffengesetz besser kontrolliert und Verstöße etwa beim Aufbewahren strenger geahndet werden.

Die Familien stoßen nicht in das übliche Horn, nur die "Killerspiele" für den Amoklauf verantwortlich zu machen. Zwar sprechen sie sich für ein Verbot dieser Spiele und von solchen aus, die Gewalt verherrlichen, aber es wird auch weniger Gewalt im Fernsehen gefordert, das gesellschaftlich viel einflussreicher ist: "Das Fernsehen, als noch wichtigste Informations- und Unterhaltungsplattform, hat einen sehr großen Einfluss auf die Denk- und Gefühlswelt unserer Mitbürger. Das Fernsehen setzt heute die ethischen und moralischen Standards. Wenn wir es zulassen, dass unseren Mitbürgern weiterhin täglich Mord und Totschlag serviert werden, ist abzusehen, dass die Realität langsam, aber stetig dem Medienvorbild folgen wird." Vorgeschlagen wird eine "Gewaltquote" und "gewaltfreie" Sendungen in Zeiten, in denen Kinder und Jugendliche fernsehen. Die Familien sprechen sich überdies dafür aus, den Jugendschutz im Internet zu stärken und Chats oder Foren zu überwachen.

Hervorgehoben wird auch die Berichterstattung über die Tat in den Medien, die diese tatsächlich in aller Regel voyeuristisch ausgebeutet haben und sich damit nicht nur vom Amokläufer instrumentalisieren ließen, sondern auch die mediale Aufmerksamkeit geschaffen haben, die zur Nachahmung führen kann. Gefordert wird eine Anonymisierung des Täters und eine Zurückhaltung bei der Berichterstattung: "Am aktuellen Beispiel von Winnenden zeigt sich, dass die derzeitige Berichterstattung durch unsere Medien nicht dazu geeignet ist, zukünftige Gewalttaten zu verhindern. Auf nahezu jeder Titelseite finden wir Namen und Bild des Attentäters. Diese werden Einzug finden in unzählige Chatrooms und Internet-Foren. Eine Heroisierung des Täters ist die Folge." (fr)