Kommentar: Obamas Konsequenzen aus dem NSA-Skandal - lange Rede, wenig Inhalt

Obama hat seine vielbeachtete Rede zu Reformen bei der NSA gehalten. Dass sie vielerorts zuerst verhalten positiv aufgenommen wurde, dürfte an den geringen Erwartungen gelegen haben. Konkretes blieb er jedenfalls schuldig.

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Vor Obamas Rede zu seinen Reformvorschlägen für die NSA und ihre Überwachungsprogramme waren bereits Einzelheiten durchgesickert. Dass der US-Präsident dann etwas darüber hinaus ging, wurde zuerst teilweise positiv aufgenommen, spricht aber eher für die gute Arbeit seiner PR-Verantwortlichen im Vorfeld. Denn dafür, dass die Welt inzwischen tiefe Einblicke in die US-Überwachungspraxis hat, blieb der Präsident in seiner ersten umfangreichen Reaktion wenig konkret.

So ist etwa das einzige Programm, auf das er explizit einging, jenes, das die Enthüllungen anführte und das in den USA immer noch für den meisten Diskussionsstoff sorgt. Er versicherte, dass im Rahmen des Programms zur Sammlung von US-Verbindungsdaten keine Telefongespräche abgehört würden. Als ob nicht andere enthüllt wurden, in denen das geschieht. Zumeist blieb er ansonsten aber gleich vage, schob Verantwortung zum Kongress oder äußerte sich gar nicht.

Ein Kommentar von Martin Holland

Martin Holland schreibt seit 2012 für heise online und c't. Lange Zeit beschäftigte er sich vor allem mit den NSA-Enthüllungen des Edward Snowden und deren Folgen. Nachdem die längst Geschichte sind, haben sich neben weiteren IT-Themen, vor allem auch zu gesellschaftlichen Folgen von Internet, Social Media, Künstlicher Intelligenz & Co. schließlich Astronomie und Raumfahrt als wichtige Schwerpunkte etabliert.

Die parallel zu seiner Rede veröffentlichte Direktive zur Einschränkung der NSA-Aktivitäten verdeutlicht das. So gibt es darin einen ganzen Abschnitt zu "Grenzen der Nutzung von massenhaft gesammelten Daten". Wohlgemerkt, es geht darin mit keinem Wort darum, die Sammlung von Daten selbst einzustellen. Eingeschränkt wird wird lediglich deren Benutzung. Danach wird erklärt, dass die US-Datensammlung der nationalen Sicherheit schaden könne – wenn "unsachgemäß enthüllt". Hier geht es also weniger darum, welchen Schaden die Schnüffelei anrichten kann, als deren öffentliches Bekanntwerden.

Angesichts der Tatsache, dass Nicht-US-Amerikaner zuvor keinerlei Schutz vor Überwachung genossen, verspricht aber zumindest der nächste Abschnitt tatsächlich Verbesserungen. Denn unter diesen Vorzeichen wäre jede – wenn auch kleine – Einschränkung ein Fortschritt. Solange wir aber nicht genau wissen, was genau die US-Regierung unter Ausspionieren versteht, bleibt unklar, was es bedeutet, wenn Ausländern versprochen wird, sie würden nicht überwacht. Wie wichtig diese Regeln sind, zeigt Fußnote 9: Die besagt, die Direktive ändere nicht die Grenzen, die bei der Überwachung von US-Amerikanern gelten und zeigt, wie wertlos das Dokument selbst für US-Bürger ist.

Dass Obama befreundeten Staatsoberhäuptern ein Ende der Überwachung versprach, wurde gleich wieder eingeschränkt durch den Zusatz, wenn es nicht um nationale Sicherheit geht. Und das Gezerre um ein Anti-Spionage-Abkommen zeigt: wirklich darauf festlegen lassen wollen sich die USA nicht. Wie ernst Obamas Aussage zu nehmen ist, dass man keine Wirtschaftsspionage betreibe, ist ebenfalls unklar, solange keine wirklichen Festlegungen folgen.

Zu Bedenken ist auch, was in der Rede nicht erwähnt wurde, denn Obama sprach nicht über alle Enthüllungen, sondern nur die, die der breiten US-Öffentlichkeit bekannt sind: So ging der US-Präsident nicht auf die Vorwürfe ein, die NSA arbeite gezielt daran, Verschlüsselung auszuhebeln. Keine Reaktion gab es etwa zur massenhaften Sammlung und automatischen Auswertung von SMS oder dem Vorgehen gegen die internen Netze von Unternehmen. Aber vielleicht steht das ja alles in dem geheimen Anhang zu Obamas Direktive, auf den mehrfach verwiesen wird.

(mho)