Datenschützer: "Das Jahr der Skandale, nicht der Konsequenzen"

Der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein zieht für das Jahr 2008 eine ernüchternde Bilanz.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 32 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), Thilo Weichert, zeigt sich recht ernüchtert: ""Das vergangene Jahr war eines der Datenskandale und der Ankündigungen – nicht der Konsequenzen", zog er die Bilanz anlässlich der Vorstellung des ULD-Tätigkeitsberichts.

Besonders die Bespitzelung von Mitarbeitern bei Lidl und der illegale Handel mit Adress- und Kontodaten standen für Weichert im vergangenen Jahr im Mittelpunkt. Immerhin habe man aber beim Discounter-Datenschutzskandal einen "relativ professionellen Umgang der Konzernleitung mit den eigenen offensichtlich unzulässigen Praktiken" erlebt. Ganz anders sehe es jedoch beim Skandal illegalen Datenhandel aus, der von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein und dem ULD aufgedeckt wurde und danach Kreise in der gesamten Bundesrepublik zog.

Nun sei die öffentliche Aufmerksamkeit etwas zurückgegangen, und man müsse ernüchtert feststellen, "dass fast nichts passiert ist". Der illegale Datenhändler sei mit einem lächerlich geringen Strafbefehl sanktioniert worden. Und auch die angekündigten politischen Konsequenzen drohten dank der Lobbyarbeit einzelner Wirtschaftsbranchen im Sande zu verlaufen, bekräftigte Weichert die Besorgnis der Datenschützer um die anstehende Novellierung des Datenschutzrechts. Gleichzeitig kritisierte Weichert erneut das geplante Datenschutzaudit scharf, mit dem "ein bürokratisches Monster präsentiert" worden sei.

Weichert wiederholte auch die Forderung, dass das Datenschutzrecht in Deutschland dringend einer Modernisierung bedürfe: "Die Diskussion um den illegalen Datenhandel hat schlaglichtartig offenbart, dass unser Datenschutzrecht nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist." Die Grundstrukturen, die noch aus den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts stammten, passten nicht mehr in die Zeit des Internets.

Insgesamt bleibe der Bereich der Privatwirtschaft für die Datenschützer weiter problematisch. "Der Missbrauch der Videoüberwachung zur Bespitzelung von Mitarbeitern, Nachbarn, Kunden bis hin zu Bordellbesuchern" werde "weiterhin fröhlich fortgeführt". Und die "zumeist nicht böswillige, sondern blauäugige, aber nicht minder gefährliche Verwendung des Internets zur Verarbeitung von Daten von Kunden, Vereinsmitgliedern oder Schulangehörigen" zeige, dass mit der "Begeisterung für das Mitmachweb oft das Problembewusstsein auf der Strecke bleibt". (jk)