Keine Haftung für Fehler in übernommenen Zeitungsbeiträgen

Dem privaten Betreiber eines Internetangebots ist es gemäß einer Entscheidung des Landgerichts Berlin nicht zuzumuten, Darstellungen von professionellen Medien, die er auf seine eigene Website übernimmt, auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.

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Von
  • Joerg Heidrich

Dem privaten Betreiber eines Internetangebots ist es nicht zuzumuten, Darstellungen von professionellen Medien, die er auf seine eigene Website übernimmt, auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Dies entschied das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 11. September 2008 (Az. 27 O 829/08). Die Entscheidung findet man zusammen mit einer Dokumentation des Prozessverlaufs im Forum des Beklagten.

Ausgangspunkt des Verfahrens war die Veröffentlichung eines Beitrags aus der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in einem nichtkommerziellen Internetforum, der eine falsche Tatsachenbehauptung enthielt. Der Betreiber des Forums erhielt daraufhin eine Abmahnung, welche ihn jedoch erst nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub und damit nach Verstreichen der gesetzten Frist erreichte. Zwar entfernte er sofort den umstrittenen Beitrag und gab eine Unterlassungserklärung ab. Inzwischen hatte der durch den Artikel betroffene Kläger jedoch bereits Klage vor dem Landgericht Berlin eingereicht.

Aufgrund der abgegebenen Unterlassungserklärung hatte sich die Klage inzwischen inhaltlich erledigt. Im Rahmen des nun veröffentlichen Beschlusses hatten die Richter jedoch noch über die entstandenen Kosten zu entscheiden. Diese muss nun der Kläger des Rechtsstreits tragen, da diesem der geltend gemachte Unterlassungsanspruch dem Beschluss zufolge nicht zustand.

Nach Ansicht des Gerichts ist die der Presse obliegende Sorgfaltspflicht bei der Verbreitung von nachteiligen Tatsachen nicht auf private Betreiber von Internetangeboten übertragbar. Es sei diesen bei Vorgängen von öffentlichem Interesse, insbesondere solchen aus nicht transparenten Politik- und Wirtschaftsbereichen, nicht möglich, Beweise oder auch nur Belegtatsachen aufgrund eigener Nachforschungen zu erbringen. Vielmehr sei der Betreiber auf die Berichterstattung durch die Medien angewiesen.

Zwar gelte grundsätzlich, dass eine unbewiesene Tatsachenbehauptung herabsetzenden Charakters nicht deswegen zulässig sei, weil sie auch von anderen unwidersprochen aufgestellt worden ist. Würde man aber auch von einer Privatpersonen die Prüfung solcher Behauptungen verlangen, so hätte dies zur Folge, dass er herabsetzende Tatsachen, die er der Presse entnommen hat, überhaupt nicht mehr aufgreifen und zur Stützung seiner Meinung anführen dürfte.

Vielmehr würde der gesamte gesellschaftliche Kommunikationsprozess eingeschränkt, wenn "Presseberichte, die ihre meinungsbildende Funktion erfüllen, vom Einzelnen, der sich aufgrund solcher Berichte eine Meinung gebildet hat, nicht mehr verwertet werden dürften, weil der Beweis für ihre Wahrheit nicht antreten kann". Aus diesem Grund dürfe eine Privatperson, die Presseberichte guten Glaubens aufgreift und daraus verallgemeinernde Schlussfolgerungen zieht, erst dann zur Unterlassung oder zum Widerruf verurteilt werden, wenn die Berichterstattung erkennbar überholt oder widerrufen ist.

Bei der noch nicht rechtskräftigen Entscheidung ist allerdings zu beachten, dass sie keinen Freibrief für die Übernahme von Meldungen aus anderen Medien darstellt. Diese sind in aller Regel urheberrechtlich geschützt, so dass eine Erlaubnis des Rechteinhabers notwendig ist. (Joerg Heidrich) / (hob)