Workshop zur europäischen Internetverwaltung

Pläne für ein europäisches Internet Governance Forum wollen EU-Parlamentarier mit Vertretern von Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen auf einem gemeinsamen Workshop besprechen.

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Von
  • Monika Ermert

Auf einem Workshop wollen EU-Parlamentarier gemeinsam mit Vertretern von Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen die Pläne für ein europäisches Internet Governance Forum (IGF) besprechen. Das sagte die französische EU-Parlamentsabgeordnete Catherine Trautmann heute auf einer Konferenz der Internet Society (ISOC) in Paris. EU-Parlamentarier hatten die Initiative bereits beim zweiten Internet Governance Forum im vergangenen Jahr in Rio de Janeiro angekündigt. Beim IGF in Hyerabad Ende des Jahres soll die Debatte fortgeführt werden, möglicherweise im Rahmen einer dynamischen Koalition.

Trautmann nannte drei Hauptziele eines europäischen IGF: ein "blühendes Netz" von Organisationen und Institutionen in Europa, das gemeinsame Positionen zu Einzelfragen der Netzpolitik erarbeitet, ein Platz in diesem Netzwerk für die Parlamentarier, die eine Interessengruppe darstellten, und eine Vernetzung zwischen den verschiedenen nationalen Parlamenten. Bei dem geplanten Workshop im Herbst sollen laut Trautmann Vorschläge der Kommission, des Rates und der Mitgliedsstaaten zusammengebracht und möglichst viele private Interessengruppen beteiligt werden. "Wir wollen den Mitgliedstaaten dabei auch klar machen, dass das Multi-Stakeholder-Prinzip nicht das gleiche ist wie klassische Konsultationsverfahren", sagte Trautmann gegenüber heise online.

Beim so genannten Multi-Stakeholder-Prinzip arbeiten Regierungen, Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen gleichberechtigt zusammen – oft zitierte Beispiele dafür sind IGF oder die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). Allerdings fällt das IGF keine Entscheidungen, sondern dient lediglich als Plattform für den Austausch von Information und Standpunkten. Bertrand de la Chapelle, Sonderbotschafter der französischen Regierung für das Thema Internet Governance, sagte, die französische Regierung sei erfreut über das Experimentieren mit alternativen Regierungsmodellen auf internationaler Ebene. Vielleicht brauche man für die Zusammenarbeit zwischen Regierungen auf internationaler Ebene ein Protokoll ähnlich dem IP-Protokoll, meint de la Chapelle.

Skeptisch gegenüber dem Europa-IGF wie auch gegenüber nationalen Ablegern, die in Frankreich, Finnland und Deutschland geplant sind und in Großbritannien bereits eingerichtet wurden, gab sich Janis Karklins. Der litauische Diplomat und aktuelle Vorsitzende des Regierungsbeirats der ICANN mahnte, dass letztendlich die ewig gleiche "Gemeinde" zu immer neuen Konferenzen weiterziehe und damit keine zusätzlich Aufmerksamkeit geschaffen werde oder zusätzliche Stimmen gehört würden. Zur Vorsicht riet auch Ayesha Hassan von der Internationalen Handelskammer in Paris, da für die Unternehmen zusätzliche Termine auch eine zusätzliche Last bedeuteten.

Eine positives Klima für die Zusammenarbeit der verschiedenen Interessengruppen sieht dagegen auch Markus Kommer, Sekretär des IGF in Genf und Schweizer Diplomat. Er wolle zwar nicht behaupten, dass die Einrichtung eines NGO-Beraterforums bei der Organisationen für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) allein dem Beispiel IGF geschuldet sei. OECD-Generalsekretär Angel Gurria hatte beim OECD-Ministertreffen zur Zukunft des Internet diese Woche die Formalisierung der Beziehung zwischen NGOs und OECD empfohlen. Allerdings zeige die Entwicklung bei der OECD, dass das Multi-Stakeholder-Prinzip "en vogue" sei. Als nächstes könne es als Modell für den immer mehr an Bedeutung gewinnen Bereich Klimawandel und ICT genutzt werden.

Meryem Marzouki, Vorstandsmitglied des Dachverbandes European Digital Rights Initiative (EDRI) verwies in Paris ebenfalls auf eine Alternative zum europäischen IGF. Statt neue Institutionen zu schaffen, solle man einfach bestehende Gremien, und durchaus auch das europäische Parlament viel stärker öffnen für die Zusammenarbeit mit NGOs. Ein Vorbild sei hier übrigens der Europarat. (Monika Ermert) / (vbr)