BKA-Chef begrüßt Einigung beim BKA-Gesetz

Der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, hat auf der Jahresveranstaltung des Verbandes für Sicherheitstechnik in Nürnberg betont, dass jede Online-Durchsuchung ein sorgfältig programmiertes Unikat sein werde.

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Von
  • Detlef Borchers

Jörg Ziercke, der Chef des Bundeskriminalamtes, hat auf einer Tagung von Sicherheitsexperten in Nürnberg den von der Koalition gefundenen Kompromiss beim BKA-Gesetz begrüßt. Mit der Verabschiedung durch den Bundestag voraussichtlich am 12. November sei nunmehr der Weg frei, in wenigen herausragenden Fällen die Festplatten von Verdächtigen so zu durchsuchen, dass eine etwaige Verschlüsselung der Daten unwirksam werde. Einem generellen Kryptographieverbot erteilte Ziercke hingegen eine Absage. Dies sei weltweit nicht durchzusetzen und widerspreche zudem der Kryptostrategie der Bundesregierung.

Ziercke sprach auf der Jahresveranstaltung des Verbandes für Sicherheitstechnik (PDF-Datei) zum Thema "Tatort Internet". Den versammelten Teilnehmern, die Hochsicherheitssysteme entwickeln oder betreiben, gab er einen Abriss der gesamten Internetprobleme, vom Phishing über die Kinderpornographie, von der organisierten Wirtschaftskriminalität über den im Netz sich zusammenrottenden Rechts- und Linksradikalismus bis hin zur terroristischen Gefahrenlage. Hier referierte Ziercke detailliert über alle (verhinderten) Anschläge in Deutschland seit den Aktionen der Meliani-Gruppe im Jahre 2000. Bei der Darstellung der Arbeit der BKA-Ermittlungsgruppe "Zeit", die zur Festnahme der "Sauerland-Gruppe" führte, sei die Notwendigkeit des verdeckten Datenzugriffes besonders deutlich geworden. Hier sei das erste Mal der Fall eingetreten, dass eine Gruppe trotz erkannter Observation weitergemacht habe, weil sie großes Vertrauen in die Verschlüsselungs- und Verschleierungstechniken gehabt hätte. Als weiteres Beispiel für die schwierige Arbeit der Ermittler zitierte Ziercke die Auswertung von 37.000 Dateien der FARC-Guerilla, von denen viele verschlüsselt sein sollen.

Neben der Online-Durchsuchung, der Quellen-TKÜ und der Vorratsdatenspeicherung betonte Ziercke die Bedeutung des Gemeinsamen Internetzentrums (GIZ). Hier würden nicht nur sämtliche Dienste zusammenkommen, sondern Wissenschaftler und Muttersprachler die Terrorszene durchleuchten. Als Beispiel für die Arbeit des GIZ zeigte Ziercke Screenshots vom selbstentwickelten Suchsystem NetCrawler, das unter "Kampf gegen den Terror" allerdings nur Wikipedia-Einträge führte. Intern seien wesentlich mehr Fundstücke vorhanden, die das Netzwerk der Terroristen demonstrierten.

In der Diskussion nach seinem Vortrag wurde Ziercke gefragt, ob ein allgemeines Kryptographie-Verbot angedacht sei, was Ziercke verneinte. Auf die Frage, wie viele Treffer die Vorratsdatenspeicherung gebracht habe, wollte Ziercke keine Zahlen nennen, sondern verwies auf eine Vielzahl von Erkenntnissen. Ohnehin sei die polizeiliche Ermittlungsarbeit nicht das Erzielen von Treffern, sondern das Aufdecken von Strukturen und Zusammenhängen. Schließlich wurde der BKA-Chef nach seiner Empfehlung gefragt, zwei verschiedene Betriebssysteme zu nutzen. Hier verwies der Kriminalist darauf, dass er, seine Frau und seine Töchter am Familienrechner jeweils andere Systemkonfigurationen booten würden. Sein Ratschlag sei aber keine allgemeingültige Weisheit.

Mit den beim BKA-Gesetz nunmehr gefundenen Beschränkungen wie der Hinzunahme eines Datenschützers könne er leben, erklärte Ziercke in der Diskussion. Wichtig sei die Eilbefugnis des BKA-Präsidenten. Es könne nicht angehen, dass bei schnellen Einsätzen die ganze juristische Leiter auf- und abgeklettert werden müsste. Gleichzeitig merkte er an, dass jede Online-Durchsuchung ein sorgfältig programmiertes Unikat sein werde, weil jeder Rechner andere Virenscanner, Firewalls oder Spyware-Sucher aufweisen würde, die überlistet werden müssten. (Detlef Borchers) / (pmz)