Innenminister können Streit übers BKA-Gesetz nicht beilegen

CDU- und SPD-Politiker lieferten sich bei der Innenministerkonferenz einen deftigen Schlagabtausch über die geplante Aufrüstung des Bundeskriminalamts; das drohende Vermittlungsverfahren soll beschleunigt werden.

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Politiker der großen Koalition lieferten sich bei der am heutigen Freitag zu Ende gehenden Konferenz der Innenminister von Bund und Ländern einen deftigen Schlagabtausch über die vom Bundestag beschlossene Novelle des Gesetzes für das Bundeskriminalamt (BKA). Der Berliner Innensenator Ehrhart Körting warf Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble vor, das Gesetz schlecht vorbereitet und nicht ausreichend mit den Ländern abgesprochen zu haben. "Dafür kriegt er jetzt die Quittung", wird der SPD-Politiker zitiert. Der CDU-Politiker konterte mit dem Hinweis, dass sich die Landesregierungen mit SPD-Beteiligung erst vorige Woche grundsätzliche Bedenken vorgebracht hätten: "Die reden das Gegenteil von dem, was sie vor zwei Wochen noch gesagt haben." [Update: Schäuble hat mittlerweile sogar vorgeschlagen, die Abstimmungsregeln im Bundesrat zu ändern, damit solche Situationen wie beim BKA-Gesetz nicht mehr vorkommen. Bei Abstimmungen im Bundestag würde nach den Vorstellungen des Bundesinnenministers nur noch die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen zählen – derzeit ist die absolute Mehrheit der Stimmen notwendig, Enthaltungen kommen dadurch faktisch als Nein-Stimmen zum tragen.]

Für die Auseinandersetzung mussten die Minister just das eigentlich für traute Beratungen reservierte Kamingespräch im Schloss Cecilienhof in Potsdam am gestrigen Nachmittag nutzen, da das BKA-Gesetz auf der ursprünglichen Tagesordnung der Konferenz gar nicht vorgesehen war. Schäuble war gut vorbereitet in die Runde gegangen. Er hatte sich eine detaillierte Vorlage erstellen lassen, welche weit gehenden Befugnisse Landeskriminalämter bereits haben. Nahezu alle Bundesländer erlauben ihrer Polizei demnach präventive und repressive Eilfallmaßnahmen für den großen Lauschangriff, Durchsuchungen von Wohnungen, Telekommunikationsüberwachung und die Ortung von Mobiltelefonen per IMSI-Catcher. Mit dem Zeugnisverweigerungsrecht nehmen es auch Länder, in denen die SPD mit das Sagen hat, ferner nicht immer so genau.

Die sozialdemokratischen Innenminister blieben trotzdem bei ihrer Forderung nach Korrekturen am BKA-Gesetz in zumindest drei Punkten. Sie bestehen auf einer besseren richterlichen Kontrolle heimlicher Online-Durchsuchungen, einem stärkeren Schutz von Berufsgeheimnisträgern und einer klareren Abgrenzung der Kompetenzen von Bund und Ländern. Ihre Unionskollegen wollen den Entwurf des Bundestags dagegen unverändert verabschieden. Angesichts der verhärteten Fronten scheint eine Einigung vor der Abstimmung im Bundesrat am Freitag der kommenden Woche kaum mehr möglich. Eine Mehrheit in der Länderkammer für das Vorhaben sei nur noch "schwer zu erreichen", räumte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der brandenburgische Ressortchef Jörg Schönbohm (CDU), nach den Beratungen ein. Der federführende Innenausschuss sowie der Rechtsausschuss des Bundesrats empfehlen (PDF-Datei) den Länderchefs aber, dem Gesetz unverändert zuzustimmen. Sie verweisen darauf, dass zumindest Geistlichen nach Anraten der Länder ein "ausnahmsloses Zeugnisverweigerungsrecht" zugebilligt worden sei.

Der Zwist um die Veränderung der deutschen Sicherheitsarchitektur spaltet auch weiter die SPD in Bund und Ländern selbst. Der schleswig-holsteinische Innenminister Lothar Hay griff die Genossen im Bundestag an: "Ich gehe davon aus, dass man auch lernfähig ist in der Bundestagsfraktion." Er empfahl engere Abstimmungen mit den Länderkollegen, bevor ein Gesetzentwurf gebilligt werde, gegen den es aus Sicht der Länder "erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gibt". Der SPD-Fraktionschef im Bund, Peter Struck, bezeichnete das Nein der Landespolitiker derweil als "ärgerlich und unbegründet". Die Proteste seien eher emotional als rational motiviert.

CDU-Landespolitiker und SPD-Bundestagsabgeordnete haben unterdessen schon einen Plan ausgeheckt, um das voraussichtliche Vermittlungsverfahren zwischen Bund und Ländern deutlich zu beschleunigen und ein Inkrafttreten eines überarbeiteten Gesetzes doch noch Anfang 2009 zu ermöglichen. So will Bundesratspräsident Peter Müller (CDU) eine zusätzliche Plenarsitzung der Länderkammer Anfang Dezember zwischen den beiden turnusmäßigen Treffen der Ministerpräsidenten am 28. November und am 19. Dezember anberaumen.

"Vor Weihnachten gibt es die Bescherung", erklärte der Innenexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, in diesem Sinne im ZDF. Er spielte damit an auf die Einigung über "ein ganz wichtiges Gesetz, das dazu beiträgt, dass die Sicherheit unseres Landes weiter verbessert wird". Die Einwände seiner Länderkollegen spielte er zugleich herunter: Diese wollten dem Bund damit wohl nur "für ein paar Tage zeigen, wo der Hammer hängt". Es gebe aber auch eine Reihe unionsregierter Länder, die aufgrund einer Koalition mit der FDP ihre Zustimmung im Bundesrat bisher versagt hätten. Ein legitimes Interesse, an der Schnittstelle zwischen der Zuständigkeit von Bund und Ländern für die Terrorismusabwehr "noch mal genauer hinzuschauen", sprach Wiefelspütz den Kollegen im Bundesrat aber nicht ab.

Zu den technischen und rechtlichen Details der heimlichen Online-Durchsuchung und des Bundestrojaners bringt c't in Ausgabe 25/08 (ab Montag, den 24. 11., im Handel) einen Hintergrundartikel:

  • Windei Bundestrojaner, Online-Durchsuchung vs. Gewährleistung von Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, c't 25/08, S. 86

Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)