Wenn Schriftsteller fotografieren: Ausstellung mit Bildern von Hesse, Handke, Schnitzler und anderen.

Das Foto – Gegenstück zur klassischen Form des Erzählens. Dennoch griffen viele Schriftsteller auf ihren Reisen zur Kamera. Ihre Bilder finden sich derzeit im Literaturmuseum der Moderne.

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Von
  • Kathrin Brenner
  • dpa

Die Fotoausstellung beginnt mit einer Notiz des Schriftstellers Robert Gernhardt: "Es geht nicht um bessere oder schlechtere Ferienfotos, die Konsequenz kann nur sein: keine Fotos." Offensichtlich hat die Mehrheit seiner Kollegen diese Ansicht nicht geteilt: Mehr als 1200 Exponate präsentiert Reisen. Fotos von unterwegs im Literaturmuseum der Moderne in Marbach vom 15. Mai bis zum 5. Oktober.

Weshalb Autoren wie beispielsweise Hermann Hesse, Hilde Domin oder Peter Handke auf ihren Reisen zur Kamera griffen, dafür gibt es vielfältige Gründe. Für manche dienten die Bilder als Inspirationsquelle oder Hilfsmittel für ein literarisches Projekt, andere sahen darin nicht mehr als ein Souvenir.

So vielfältig wie die Hintergründe, so verschieden sind auch die Motive der Werke: Naturaufnahmen von Wüsten und Bergen, von Sonnenaufgängen und dem Meer wechseln sich ab mit Motiven von Städten auf der ganzen Welt: die Skyline von New York, der Eiffelturm in Paris, der Markusplatz in Venedig. Doch es gibt auch bedrückende Zeugnisse unfreiwilliger Reisen während der beiden Weltkriege; Fotos von Leichen, Kriegsflugzeugen und zerstörten Städten. Mehr als 120 Jahre umfasst der Zeitraum, in dem die Aufnahmen entstanden. "Was sich ändert, ist die Vorliebe für bestimmte Motive und Motivzuschnitte. Das Fotografieren von Verkehrszeichen und die Farbe Blau haben ihre Zeit, ebenso wie die leeren Städte und das Licht- und Schattenspiel der Blätter", erklärt Heike Gfrereis, die Leiterin des Museums.

Innerhalb eines guten halben Jahres haben sie und ihr vierköpfiges Team die Ausstellung mit den Exponaten aus den eigenen Beständen auf die Beine gestellt. "Das war eine Tour de Force. Der Weg der Fotos aus dem Archiv hierher war ganz schön lang", sagte Gfrereis. Doch die Arbeit hat sich gelohnt: "Manche Dinge sieht man erst, wenn man ein Foto davon gemacht hat." Für Bilder der Gegenwart hat das Museum bei jüngeren Autoren angefragt, und unter anderem Fotos von Reisen Nora Gomringers erhalten, die Wäscheleinen und Bahnsteige zeigen. Aufgenommen mit Digitalkamera oder Mobiltelefon, setzen diese Werke den Schlusspunkt.

(keh)