Zensurgegnern geht SPD-Kritik an Kinderporno-Sperren nicht weit genug

Die SPD-Bundestagsfraktion umreißt Änderungswünsche am Gesetzesentwurf zu Web-Blockaden. Zensurgegner sehen in der Kritik einen ersten Schritt in die richtige Richtung, lehnen die Errichtung einer Sperr-Infrastruktur aber weiter komplett ab.

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Die nach der Bundestagsanhörung zu Kinderpornographie-Sperren im Internet ausgearbeitete Linie der Sozialdemokraten fordert, bei Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten solle das Bundeskriminalamt (BKA) zunächst verpflichtet werden, die Host-Provider zu kontaktieren und dort auf eine Löschung der Angebote zu drängen. Erst wenn das erfolglos bleibe, solle die Webadresse auf die Filterliste gesetzt werden dürfen. Auch die betroffenen Seitenbetreiber seien über die geplante Aufnahme auf das Sperrverzeichnis und über Widerspruchsmöglichkeiten zu informieren. Sollte sich ein Anbieter zur Wehr setzen, habe eine richterliche Kontrolle zu erfolgen, wenn das BKA an seinem Sperrvorhaben festhalte.

Da die Initiative vor allem Gelegenheitsnutzer kinderpornographischer Bilder abschrecken solle, will die SPD zudem eine von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries eingebrachte repressive Klausel streichen. Nutzungsdaten, die bei dem einzurichtenden virtuellen Stopp-Schild anfallen, dürften nicht für die Strafverfolgung genutzt werden, stellt sich die Fraktion gegen den Vorschlag ihrer Parteikollegin.

Der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur erkennt in diesen Äußerungen einen "ersten Schritt in die richtige Richtung". Gleichwohl gehe der Vorschlag der Sozialdemokraten etwa für ein eigenes, differenzierteres Spezialgesetz für das Vorhaben nicht weit genug, erklärte Alvar Freude, Mitgründer des AK Zensur, am gestrigen Freitag. Web-Blockaden seien im Kampf gegen die Darstellung des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet nicht nur unwirksam und unnötig, sondern auch gefährlich. Sei eine Sperr-Infrastruktur erst einmal errichtet, würden sich die einbezogenen Inhalte nicht mehr begrenzen lassen.

Christian Bahls vom Verein MissbrauchsOpfer Gegen InternetSperren MOGiS) beharrte darauf, Inhalte über den sexuellen Kindesmissbrauch müssten zügig aus dem Internet entfernt statt vordergründig versteckt werden. Schließlich würden nach Einschätzung der Beschwerdestelle INHOPE "erfahrungsgemäß gemeldete kinderpornographische Internetinhalte auch auf internationaler Ebene innerhalb von 12 bis 36 Stunden offline genommen". Gute Erfahrungen habe man auch mit den zwei im Mai angeschlossenen russischen Hotlines gemacht.

(Stefan Krempl) (hps)