Google-Verwaltungsratschef: Deutschland braucht schnelleres Internet

Eric Schmidt, Chef des Verwaltungsrats von Google, sieht Deutschland auf gutem Weg, eine "Startup-Nation" zu werden. Dafür seien aber mehr Glasfaserleitungen nötig, erklärte er bei der Eröffnung eines Gründerzentrums.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 207 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Googles Verwaltungsratschef Eric Schmidt (links) im Gespräch mit Dorothee Bär (rechts), Staatssekretärin im Infrasturkturministerium und Hennig Kagermann (Mitte), Ex-SAP-Chef und Präsident von Acatech (Deutsche Akademie der Technikwissenschaften)

(Bild: heise online / Stefan Krempl)

Deutschland sei drauf und dran, eine "Startup-Nation" zu werden, befand Googles Verwaltungsratchef Eric Schmidt bei der Eröffnung des Gründerzentrums Factory in Berlin. Dies könne "sehr schnell passieren", meinte der promovierte Informatiker. Internetkonzerne wie Google könnten aber die dafür benötigten Infrastrukturen nicht selbst bauen, appellierte Schmidt auch an Mithilfe der Bundesregierung. Deutschland brauche schnellere Internetzugänge, da es weltweit nicht an der Spitze der Breitbandnationen stehe.

"Das Internet hier kann verbessert werden", drückte sich Schmidt betont diplomatisch aus. Erforderlich sei vor allem "mehr Glasfaser". "Just do it", warb er im Jargon einer US-Sportartikelfirma für ein stärkeres Engagement aller Beteiligten in Richtung superschneller Internetleitungen. Einfach verlegen und vernetzen, müsse das Motto lauten. Der wirtschaftliche Rücklauf werde enorm sein. Investments in Hightech-Jobs schafften Arbeitsplätze in der gesamten Wirtschaft, vor allem im Dienstleistungssektor.

Auch im Bildungssektor sieht der frühere Google-Geschäftsführer die Regierung in der Pflicht, "Unternehmertum und technische Fähigkeiten zu fördern". Er zeigte sich besorgt, , dass das Wirtschaftswachstum "nicht anhält, wenn wir nicht mehr Unternehmer hervorbringen". Bei Google selbst sei "Entrepreneurship" Teil der DNA und des Ökosystems, da der Gründergeist auch "gut für unser Geschäft ist".

Allgemein plädierte Schmidt für einen besseren Dialog mit Regierungen in Europa, um ein gründer- und internetfreundliches Umfeld zu schaffen. Das Netz werde in den Alltag der Menschen immer stärker integriert, sodass bei der Regulierung immer Abwägungen erfolgen müssten. Trotzdem zeigte sich Schmidt schwer enttäuscht vom Urteil des Europäischen Gerichtshofs, demzufolge Google Links auf sensible personenbezogene Informationen in bestimmten Fällen löschen muss. Es gelte, das Web für einen Raum für alle zu machen: "Es ist unser Internet, wir müssen es formen."

In Berlin, wo Google über sein Unternehmerprogramm gekoppelt an die Factory eine Million Euro über drei Jahre hinweg investieren will, sind Schmidt zufolge die richtigen Leute vor Ort, um mit möglichst "absurden Ideen" die Fundamente für neue Internetriesen zu legen. Das globale Wagniskapital müsse folgen, was mit dem Erfolg der hiesigen Gründer und dem richtigen politischen Rahmen quasi ein Selbstläufer sei.

Schmidt beschwor eine "Renaissance" der Hauptstadt als "Zentrum für Kunst und Technologie". Dabei helfe der überall in Berlin spürbare "Optimismus", ließ er die berühmte Meckerstimmung der Einheimischen einmal außen vor. Die Startup-Kultur sollte jedenfalls nicht die Vorrangstellung des Silicon Valley sein; dieses habe "kein Monopol" auf kluge Köpfe.

Um sich durchzusetzen, bräuchten Gründer neben weltbewegenden Ideen aber eine gewisse Attitüde, führte Schmidt aus, der auch die Obama-Regierung berät. Sie bräuchten ein Gespür für Offenheit, Innovation und Partnerschaft: "Man muss im Kontext denken: Ich mache hier etwas für den Rest der Welt." Eine globale Ausrichtung sei im vernetzten Zeitalter unerlässlich. Eine solche sie auch nicht allzu schwer zu verwirklichen, da die Menschen überall ziemlich gleich gestrickt seien.

Dorothee Bär, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, versprach weniger Bürokratie beim Gründen und Hilfe etwa über eine "One-Stop-Agentur" der Verwaltung, was Schmidt begrüßte. Die CSU-Politikerin verwies auch auf Pläne für ein gesondertes Börsensegment für junge Unternehmen. Von solchen Punkte sei es mit abhängig, ob die Wahl von Gründern auf Deutschland falle.

Vor seinem Factory-Besuch am Abend war Schmidt tagsüber in der Hauptstadt mit Politikern, Unternehmern und Forschern zusammengetroffen, darunter auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Der Sozialdemokrat hatte vergangenen Monat für eine harte Regulierung von Google und anderen Internetkonzernen sowie deren "Entflechtung" plädiert, was bei dem Suchmaschinenprimus Erstaunen ausgelöst hatte. Zeitungsverleger und insbesondere Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner rufen immer wieder nach strengeren Auflagen für Google. (jk)