KIT-Forscher entwickeln Tool für natürlichsprachige Programmierung

Natürliche Sprache in von Computern lesbare Quelltexte zu übersetzen, klingt nach Zukunftsmusik. Forscher des KIT haben nun ein Analysewerkzeug entwickelt, das die sprachlichen Anweisungen automatisch so sortiert, wie sie der Computer ausführen soll.

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Von
  • Alexander Neumann

Informatiker des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) arbeiten derzeit an einer Software, die natürliche Sprache direkt in maschinenlesbare Quelltexte übersetzen soll. Im Idealfall sollen Nutzer damit mithilfe weniger Sätze eigene Anwendungen erstellen können. Weil jedoch Menschen Vorgänge nicht immer streng chronologisch beschreiben, haben die KIT-Forscher ein Analysewerkzeug entwickelt, das die Anweisungen automatisch so sortiert, wie sie der Computer ausführen soll.

Denn bei der Betrachtung des keineswegs ungewöhnlichen Satzes: "Bevor das Auto losfährt, geht das Garagentor auf" ergebe sich laut Mathias Landhäußer, Mitarbeiter am Institut für Programmstrukturen und Datenorganisation (IPD) des KIT, ein Problem: Der Rechner führt Befehle nacheinander in der Reihenfolge aus, in der sie eintreffen. Im genannten Beispiel bekommt er demnach zunächst die Information "Auto fährt los" und erst danach die Information "Garagentor geht auf". Das Auto würde demzufolge gegen das Garagentor fahren.

"Wir wollen weg von komplizierten Regelwerken für Nutzer – nichts anderes sind Programmiersprachen – hin zu intelligenten Rechnern, die mit uns in Dialog treten", beschreibt der Informatiker die mögliche Zukunft der Programmierung. Bislang können Programme nur mit Sprache gesteuert werden, wenn der Hersteller sie genau darauf ausgelegt hat. Als Beispiel wird hierfür das Versenden von Kurznachrichten über ein Smartphone ins Spiel gebracht. Die KIT-Informatiker arbeiten jedoch an einer Software, die für beliebige Programme eine Sprachschnittstelle einrichten soll. Mit ihr könnten Nutzer ihre mobilen Apps nicht nur per Sprachbefehl öffnen, sondern auch bedienen. Bei einer Smarthome-Anwendung, die Heizung, Beleuchtung und Fenster steuert, haben die Forscher eine solche Schnittstelle anscheinend schon erfolgreich eingebunden.

Die neue Software der KIT-Wissenschaftler analysiert zeitbezogene Signalwörter, die darauf hinweisen, dass ein gesprochener Text zeitliche Abläufe nicht streng linear abbildet. Solche Signalwörter geben an, ob etwas "davor" oder "danach", "zuerst" oder "zuletzt" geschieht, und zwar unabhängig davon, an welcher Stelle die Information steht. Die Wissenschaftler ordnen diesen sprachlichen Begriffen nun logische Formeln zu, um im Quelltext eine chronologische Abfolge herzustellen: Angewandt auf das obige Beispiel, verschiebt die Formel für das Signalwort "bevor" den Hauptsatz automatisch um eine Position nach vorne – mit der Folge, dass das Garagentor aufgeht, bevor das Auto losfährt.

Neben dem Reihenfolgenproblem haben die Wissenschaftler noch weitere Herausforderungen beim Programmieren mit natürlicher Sprache identifiziert. So ersetzten die Probanden etwa einzelne Wörter mit sinnverwandten Begriffen oder Fürwörtern: Dass sich der Begriff "Auto" auf dasselbe Objekt bezieht wie "Wagen" oder "dieses" im Folgesatz, können Computer allerdings nicht ohne Weiteres ableiten. (ane)