Foust: US-Budgetstreit ist größtes Risiko für Weltraumforschung

Im Weltall machen die beiden US-Parteien grundsätzlich gemeinsame Sache. Der NASA droht Ungemach vor allem bei einem Budgetkonflikt. So schätzt der US-Journalist Jeff Foust die Lage nach der US-Wahl ein.

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"Die Raumfahrt ist kein parteigebundenes, sondern ein regionales Thema", meint Jeff Foust, Journalist bei Spacenews. "Die entscheidenden Senatoren arbeiten eng zusammen." Beispielsweise würden ein Demokrat aus Maryland und ein Republikaner aus Alabama gemeinsam darauf hinarbeiten, das bestimmte NASA-Projekte ausreichend budgetiert werden. Denn diese Projekte seien gut für Wirtschaft und Arbeitsplätze in ihrem jeweiligen Staat. Die größte Gefahr für die NASA sieht Foust im aufgeschobenen Budgetstreit.

Jeff Foust glaubt nicht, dass die Unfälle der privaten Raumfahrtfirmen große Auswirkungen haben werden. Der NASA droht aber möglicherweise Ungemach

(Bild: Daniel AJ Sokolov / heise online)

Kritische Stimmen kennt Foust im US-Parlament durchaus. So wird etwa das Space Launch System (SLS), in dessen Entwicklung jährlich etwa 1,6 Milliarden Dollar gesteckt werden, in Frage gestellt. "Manche sagen: 'Wozu, wenn wir gar nicht die Missionen dafür haben?", berichtete Foust im Gespräch mit heise online in Washington, DC. Die SLS-Trägerraketen sollen besonders schwere Lasten ins All hieven. Pro Start soll das eine halbe Milliarden Dollar kosten. "Im nächsten Jahrzehnt wird es höchstens einmal im Jahr eingesetzt werden", erläuterte Foust.

Obwohl NASA-Programme langfristig sind, muss auch diese Behörde jedes Jahr um ihr Budget für das nächste Jahr ansuchen. In absehbarer Zeit werde sich unabhängig von den politischen Mehrheiten wenig am NASA-Budget ändern, glaubt Foust. Das Parlament verschiebe aber regelmäßig relativ kleine Beträge von einem NASA-Bereich zu einem anderen.

Doch es drohe eine bedeutende Gefahr: Der Streit zwischen Demokraten und Republikanern über das Ausmaß des Bundesbudgets wurde nicht wirklich gelöst. Er wurde nur aufgeschoben. Die geltende Rechtslage sieht vor, dass ab Oktober 2015 (Finanzjahr 2016) das Budget nach dem Rasenmäherprinzip gekürzt wird ("Sequestration"). Das könnte die NASA hart treffen, fürchtet der Fachjournalist.

Um diese wenig sachgerechte Sparmethode zu vermeiden, müssten sich beide Parteien kommendes Jahr auf gezielte Sparmaßnahmen einigen. Denn einer einnahmenseitigen Budgetsanierung würden die Republikaner kaum zustimmen. Dabei gibt es aber noch nicht einmal ein Budget für das seit fünf Wochen laufende Finanzjahr 2015. Das beschlossene Provisorium läuft in weiteren fünf Wochen aus.

Ein anderes umstrittenes Projekt sei die Asteroid Redirect Mission (ARM). Noch in diesem Jahrzehnt soll ein Roboter auf einem kleinen Asteroiden landen. Mittels Ionenantrieb soll dann der Kurs des Himmelskörpers geändert werden, bis er in eine Umlaufbahn um den Mond einschwenkt. Dort könnte er dann von Astronauten besucht werden, die Gesteinsproben holten. Damit wäre dem Obama-Befehl zum Betreten eines Asteroiden Genüge getan.

"Manche Wissenschaftler argumentieren, dass das nur ein Stunt ist. Sie meinen, dass dafür statt Astronauten Roboter kosteneffizienter seien", erzähle Foust. "Im Parlament gibt es ebenfalls Skeptiker. Sie würden die NASA lieber auf dem Weg zum Mond sehen. Obwohl die NASA dafür gar nicht die Finanzmittel hätte."

Denn für eine Mondlandung müsste die NASA ein neues Mondlandevehikel entwickeln. "Vielleicht auch ein Mondfahrzeug oder ein Habitat, und Raketen um das alles hochzubringen", zählte Foust teure Projekte auf. Es waren nicht zufällig finanzielle Gründe, die vor vier Jahren zum Abbruch des Constellation-Programms geführt haben.

Eine Mondlandung sei auch nicht unbedingt als Vorbereitung auf eine Marslandung zu sehen: "Die Entwicklung eines Mondlandevehikels wäre nicht einfach auf das Marsprogramm übertragbar. Am Mars ist die Schwerkraft deutlich stärker. Und es gibt dort eine, wenngleich dünne, Atmosphäre."

Die aufsehenerregenden Unfälle kommerzieller US-Raumfahrtfirmen von vergangener Woche hätten sich bislang kaum negativ auf die politische Unterstützung ausgewirkt, schilderte Foust: "Eine Woche später sind die meisten Stimmen weitgehend unterstützend. Zumindest bisher. Wir werden sehen, was in den kommenden Monaten passiert während die Untersuchungen laufen."

Virgin Galactic bleibe ebenfalls am Ball. "Ich habe keine Anzeichen dafür gesehen, dass Virgin Galactic aufgibt", sagte Foust. Der tragische Absturz des Space Ship Two mache bisher nicht den Eindruck eines schwerwiegenden Konstruktionsfehlers.

Vielleicht sei es nur ein Fehler im prozeduralen Ablauf gewesen, der den Federmechanismus zu früh ausgelöst haben. "Das wäre leicht abzustellen", hofft Foust. Die Untersuchung könnte allerdings auch hervorbringen, dass es noch ganz andere Probleme gibt, die mit dem Absturz nichts zu tun haben. Aus heutiger Sicht aber "sieht es nicht wie ein langfristiges, teures Problem aus."

Orbital Sciences wolle nach der Antares-Explosion die sowieso geplante Entwicklung einer neuen ersten Antriebsstufe vorziehen. Ein Motor sei dafür bereits ausgewählt, Details wurden aber noch nocht verraten. Vielleicht eine kleinere Version des russischen RD180-Motors, oder ein Feststofftriebwerk von ATK, mutmaßt Foust.

Orbital Sciences plant eine Fusion mit großen Teilen ATKs. Dieser Zusammenschluss solle trotz des Unglücks wie geplant durchgeführt werden, berichtete Foust. Um den Vertrag mit der NASA zu erfüllen, möchte das Unternehmen übrigens bei der Konkurrenz einkaufen. Ein andere Firma werde dann die Güter zur und von der ISS befördern. "Wahrscheinlich SpaceX oder United Launch Alliance oder Ariane Space", grenzte der Journalist die Anwärter ein.

Die NASA möchte in absehbarer Zeit auch Menschen durch private Betreiber von und zur ISS befördern lassen. Dass dabei die Sicherheitsauflagen aufgrund der jüngsten Unglücksfälle verstärkt werden, glaubt Foust nicht: "Das Commercial Crew Program wird ein Abbruchsystem haben", schilderte er, "Die Kapsel (mit der Besatzung) wird wegfliegen und sicher landen, sollte es mit der Rakete ein Problem geben."

Dieser Artikel ist Teil einer Serie zur Lage nach den US-Wahlen. Heise online trifft dazu in der US-Hauptstadt Washington, DC, Experten mit unterschiedlichen Einstellungen und Arbeitsgebieten.

Bislang erschienen:

Die Midterm Elections haben der republikanischen Partei deutliche Mandatsgewinne gebracht. Sie haben nun auch im Senat eine Mehrheit. Auch in vielen Staaten konnten sie reüssieren. Die Demokraten, die Partei US-Präsident Barack Obama, sind nun in beiden Kammern auf republikanische Zustimmung angewiesen. (ds)