BND-Skandal: Bundesregierung will enge Kooperation mit NSA

Jahrelang soll der BND der NSA beim Spionieren geholfen haben. Die Opposition verlangt von der Kanzlerin immer lauter Aufklärung, auch die SPD wird ungeduldiger. Gleichzeitig verteidigt der BND-Chef die Arbeit seines Geheimdiensts.

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Der Skandal erreicht den Bundestag

(Bild: Deutscher Bundestag / Simone M. Neumann / NSA)

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  • dpa
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Trotz der Spionage-Vorwürfe gegen den BND setzen Bundesregierung und Geheimdienste weiterhin auf die enge Zusammenarbeit mit der NSA. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte am Montag zwar, befreundete Länder sollten sich nicht ausspionieren. Für die Sicherheit der Bürger sei die Kooperation mit der NSA aber wichtig. BND-Präsident Gerhard Schindler wies Vorwürfe des Landesverrats zurück. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) verlangte dagegen ungewöhnlich deutlich rückhaltlose Aufklärung. Die Opposition pocht weiter auf eine schnelle Herausgabe der NSA-Spionagelisten.

Im Oktober 2013 hatte Merkel noch gesagt: "Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht." Vor gut einer Woche war dann aber berichtet worden, dass der BND der NSA jahrelang geholfen haben soll, europäische Politiker und Firmen auszuspähen, unter anderem die EU-Kommission und die französische Regierung. Zu den Vorwürfen sagte Merkel nun: "Das, was zu verbessern ist, muss verbessert werden."

Zugleich betonte sie, die Bundesregierung werde alles daran setzen, die Arbeitsfähigkeit des deutschen Auslandsnachrichtendienstes BND zu gewährleisten. Notwendig sei eine Balance zwischen Schutz der Privatsphäre und Sicherheitsinteressen. Das Kanzleramt werde die parlamentarischen Kontrollgremien über Einzelheiten informieren.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Einer möglichen Ladung vor den NSA-Untersuchungsausschuss komme Merkel "gerne" nach, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Linke und Grüne verlangten eine Aussage Merkels vor dem Gremium. Das Kanzleramt hat die Aufsicht über den BND.

BND-Präsident Schindler lehnte es auf einer Tagung zur Bedrohung durch islamistischen Terrorismus ab, zu den Vorwürfen konkret Stellung zu nehmen. Er wies zurück, dass der BND zu einem willigen Werkzeug der NSA geworden sei. "Internationale Zusammenarbeit ist unverzichtbar". Die "stückweise mediale Zerlegung" des BND drohe diese zu beschädigen und beeinträchtige die Motivation der BND-Mitarbeiter. Die Kenntnisse über die Terrormiliz Islamischer Staat zum Beispiel könnten nie gut genug sein.

Den Vorwurf des Landesverrats nannte Schindler erregt «schlicht und ergreifend abwegig». Bei aller internationalen Zusammenarbeit arbeite sein Dienst "für deutsche Interessen, für Deutschland und für niemand anderes. Der Bundesnachrichtendienst ist auch deshalb kein willfähriges Werkzeug der USA."

Vizekanzler Sigmar Gabriel sagte dagegen: "Was wir jetzt erleben, ist eine Affäre, ein Geheimdienstskandal, der geeignet ist, eine sehr schwere Erschütterung auszulösen." Zweimal habe er Merkel gefragt, ob der BND einen Beitrag zur Wirtschaftsspionage durch die NSA geleistet habe. "Beide Male ist mir das gegenüber verneint worden." Dem NSA-Ausschuss und dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) müssten die abgefragten Suchmerkmale (Selektoren) zugänglich gemacht werden. Es stehe immer noch der Verdacht der Beihilfe zur Wirtschaftsspionage im Raum.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) kündigte an, er werde seinen Auftritt vor dem PKGr an diesem Mittwoch dazu nutzen, die Unterstellungen gegen ihn auszuräumen. Bei einer Information des BND an ihn als damaligen Kanzleramtsminister im Jahr 2008 sei es nicht um konkret belastbare Hinweise für einen Missbrauch der Zusammenarbeit von BND und NSA gegangen. Es sei darum gegangen, eine bestimmte Zusammenarbeit nicht zu vertiefen, um Missbrauch zu vermeiden. (mho)