Konservative wollen EU-Fluggastdatenssystem deutlich ausweiten

Geht es nach der Europäischen Volkspartei, sollen Flugpassagierdaten in der EU sieben statt fünf Jahre lang auf Vorrat gespeichert werden. Bei der SPD herrscht Skepsis vor allem gegenüber Abkommen auch mit Mexiko oder Russland.

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Flugzeug am Gate
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Agustín Díaz de Mera García Consuegra von der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) hat bei einer Debatte im Innenausschuss des EU-Parlaments am Donnerstag Angehörige der anderen Fraktionen überrascht: Im Gegensatz zu einer Resolution der Volksvertreter sprach sich der Ex-Chef der spanischen Polizei dafür aus, das geplante System zur Auswertung von Fluggastdaten an vielen Stellen aufzubohren. Ihm zufolge sollten Passenger Name Records (PNR) nicht fünf, sondern sieben Jahre lang aufbewahrt werden.

Daten innereuropäischer Flüge müssten einbezogen werden, betonte der Abgeordnete und mahnte zur Eile. Die EU-Kommission hatte in ihrem Vorschlag nur auf internationale Flüge abgestellt, die aus der EU hinausgehen oder aus dem entfernten Ausland in einem Mitgliedsstaat landen. Zudem plädierte Díaz de Mera für umfangreichere Möglichkeiten für Sicherheitsbehörden, auf die Datenpools zuzugreifen. Er verteidigte den EVP-Ansatz unter anderem damit, dass mit einem europäischen PNR-System auch Anschläge wie der auf Charlie Hebdo in Paris hätten vermieden werden können.

Andere Parlamentarier wiesen dies entrüstet zurück. Ironisch warfen sie die Frage auf, warum PNR nicht 50 oder 100 Jahre aufbewahrt werden sollten. "Wir müssen auf die Verhältnismäßigkeit achten", wandte sich die SPD-Politikerin Birgit Sippel gegen den Vorstoß der Christdemokraten, der noch über die bereits weitgehende Initiative des rechtskonservativen Berichterstatters Timothy Kirkhope hinausreicht. Das Parlament dürfe nicht erneut wie bei der klassischen Vorratsdatenspeicherung ein Gesetz verabschieden, dass vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) wieder einkassiert werde.

Die Liberale Sophie in't Veld warb dafür, die Datenkategorien, zu denen neben Name, E-Mail-Adresse, Telefon-, Konten- und Kreditkartennummern derzeit auch Essenswünsche gehören, möglichst zu limitieren. Die Informationen sollten frühzeitig "maskiert" werden, also einen Personenbezug zu erschweren. Nach der Logik der "vollständigen Abdeckung" der EVP müssten auch alle Bahnreisenden und Autofahrer pauschal überwacht werden, wetterte der Grüne Jan Philipp Albrecht. Als "Skandal" bezeichnete es Albrecht, dass der EU-Rat und die Kommission das EuGH-Urteil gegen die Vorratsdatenspeicherung ignorierten. Vor weiteren Schritten müsse der Gesetzgeber die Meinung des EuGH abwarten, die das Parlament zu bestehenden PNR-Abkommen erbeten hat.

Bevor sich die Luxemburger Richter dazu nicht geäußert haben, will die Kommission keine neuen Verträge zum Austausch von Flugpassagierdaten mit Drittstaaten abschließen. Vor allem Mexiko drückt hier auf die Tube und hat eine letzte Frist bis 1. Juli gesetzt, bis Sanktionen gegen europäische Fluglinien verhängt werden sollen, die keine PNR übermitteln. Bis dahin erwartet die Kommission ein Mandat von den EU-Ländern, um zumindest mit Verhandlungen über ein einschlägiges Abkommen beginnen zu können. Am liebsten wäre der Brüsseler Regierungseinrichtung eine horizontale Modell-Lösung mit Regeln für den PNR-Transfer auch in andere Staaten.

Sippel zeigte sich "nicht sehr zuversichtlich, ob Mexiko ein Staat ist, wo man sich voll auf ein demokratisches Verständnis von Polizei und Geheimdiensten verlassen kann". Die EU betone immer Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, meinte die Sozialdemokratin. "Ich habe aber den Eindruck: in der Praxis verkaufen wir solche Werte dann doch, wenn es notwendig erscheint." Dass überhaupt Gespräche mit Mexiko oder Russland über PNR-Abkommen ins Auge gefasst würden, liege wohl daran, dass "uns wirtschaftliche Interessen wichtiger sind als die Privatsphäre unserer Bürger". (axk)