Strom aus Müll

Das US-Militär testet ein portables System, mit dem sich in Kriegsgebieten Energie erzeugen lässt. Befeuert wird die Anlage mit Abfällen, die die Soldaten produzieren.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Tyler Hamilton

Forscher am Institut für Bioingenieurwesen der Purdue University arbeiten an einem Gerät, mit dem sich aus Lebensmittelabfällen und anorganischem Müll Elektrizität produzieren lässt. Ein möglicher Abnehmer ist bereits gefunden: Das US-Militär. Die Grundidee: Truppen in Kriegsgebieten müssten so weniger Dieseltreibstoff für Elektrogeneratoren mit sich führen und könnten stattdessen einfach ihren selbst produzierten Müll verfeuern.

Die Anlage mit dem hübschen Namen "Taktische Raffinerie" passt in ihrer aktuellen Prototyp-Form in einen Container. Sie nutzt drei verschiedene Technologien: Einen Bioreaktor, der mit Hilfe von Enzymen und Mikroorganismen Lebensmittelabfälle in Ethanol umwandelt, einem Vergasungselement, mit dem aus Kunststoff, Papier und anderem anorganischen Restmüll Methan und Propan hergestellt werden kann, sowie einen entsprechend veränderten Dieselmotor mit Turbine, in dem dann alles zur Stromerzeugung verfeuert wird.

Neu an dem System sei vor allem der Grad der Integration, erklärt Purdue-Forschungsleiter Michael Ladisch. In den ersten Stunden benötigt das Gerät zunächst noch Diesel, weil es mit den beiden anderen Brennstoffen keinen Kaltstart hinlegen kann. Anschließend lässt es sich nur mit Müll befeuern – beispielsweise Speiseresten aus einem Versorgungszelt samt Plastikverpackungen. Dann ersetzen das erzeugte Ethanol und das Gas schrittweise den Dieseltreibstoff, bis er nur noch in geringen Mengen benötigt wird. Übrig bleibt zum Schluss nur harmlose Asche, die alle paar Tage entfernt werden muss.

Die Idee kommt an: Zwei funktionstüchtige Anlagen sollen nun gebaut und noch in diesem Jahr in entsprechende Einsatzgebiete verschifft werden – für einen sechs Monate andauernden Probelauf. Spätere Varianten des Systems könnten nochmals um 60 Prozent verkleinert werden. Dann würde es auch in einen Anhänger passen. Neben dem Einsatz beim Militär könnte die Technik auch in Krisenregionen Verwendung finden – oder überall dort, wo große Mengen an organischem und anorganischem Müll anfallen, der sonst gelagert werden müsste.

"In Sachen Nachhaltigkeit halte ich solche Systeme für die beste Wahl", meint Umwelttechnologieexperte Kartik Chandran von der Columbia University. Der Ansatz sei nicht nur für das Militär ideal, sondern auch in armen Ländern, wo es an Stromerzeugungskapazitäten fehle. Eine größere technische Herausforderung sei allerdings, den produzierten Brennstoff so zu reinigen, dass er den Motor nicht beschädige.

Vor dem eigentlichen Bau des Gerätes studierten die Purdue-Forscher zunächst den Müllkreislauf in militärischen Einsatzgebieten. Dann wurde ein Biokatalyseprozess für die Verarbeitung des Lebensmittelmülls entwickelt. Dabei war es den Forschern wichtig, die richtige Balance zwischen Temperatur und PH-Wert zu finden, damit die Mischung aus Enzymen und Mikroorganismen funktioniert. Kunststoff und Holz lassen sich nicht in dem Bioreaktor zersetzen – deshalb wurde hier ein Vergasungsmodul entwickelt, bei dem das Material unter extremer Hitze mit wenig Sauerstoff zu Brennstoff verarbeitet wird.

Dabei war ein komplexes mathematisches Modell notwendig, damit alle Teile korrekt miteinander "spielten": "Wir hatten Glück", berichtet ein erfreuter Ladisch, "wir drehten den Schlüssel um und das Ding lief." Das habe er in seiner Karriere selten erlebt. (wst)