Privates Glück

Die ambitionierte International University Bremen war lange von Geldsorgen geplagt. Eine 40-Millionen-Spende saniert die ehrgeizigste Privatuniversität Deutschlands. Dafür ändert die Universität sogar ihren Namen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Gordon Bolduan
Inhaltsverzeichnis

David Lubango hat sein Tablett mit den Resten vom Mittagessen beiseitegeschoben. „Ich hatte mich für ein Studium an der International University Bremen entschieden, nicht für Deutschland“, erklärt er nüchtern auf Englisch. Der 24-jährige Kenianer trägt dunkle Jeans und ein Poloshirt, in seinem rechten Ohrläppchen glänzt ein Ohrstecker. Entspannt sitzt er im Neubau, der drei Soldaten- Unterkünfte der ehemaligen Roland-Kaserne der Bundeswehr verbindet. Seinen Bachelor im Fach „Biochemical Engineering“ wird Lubango nicht an der International, sondern an der Jacobs University Bremen machen. Aber der Grund dafür ist kein Uni-Wechsel: Die Hochschule selbst ändert ihren Namen. Angetreten war die IUB im Jahr 1999 mit dem Ziel, als erste deutsche Privatuniversität ein umfassendes Fächerspektrum inklusive teurer Naturwissenschaften wie Physik und Chemie zu bieten – und mit handverlesenen Studenten aus aller Welt sowohl für Exklusivität als auch für Internationalität zu sorgen. Das Land Bremen unterstützte die Bildungs-GmbH mit einer Anschubfinanzierung von rund 110 Millionen Euro und den Grundstücks- und Gebäudeflächen der alten Kaserne im Stadtteil Grohn. Anfangs lief alles prima – die Spenden sprudelten, Professoren wurden eingestellt, gemeinsam mit den ersten Studenten bauten sie die Labore für die natur- und ingenieurswissenschaftlichen Fächer auf.

Der Lehrbetrieb startete im September 2001 mit 130 Studenten. Unterrichtssprache ist Englisch, die meisten Studenten leben bis zu ihrem Abschluss in Wohnheimen auf dem Campus. Gemäß dem amerikanischen Modell durchlaufen sie standardisierte Auswahlverfahren, gemäß dem sogenannten „need blind“-Verfahren wird dabei erst nur auf ihre Qualifikation geschaut und nicht auf die Geldbörse der Eltern. Heute studieren 1000 junge Menschen aus 86 Nationen an der neuen Privat-Uni. Die Personalausstattung ist mit 102 Professoren und 104 wissenschaftlichen Mitarbeitern beinahe paradiesisch: Die Technische Universität München etwa, einer der drei Gewinner in der ersten Runde der deutschen Exzellenzinitiative, hinkt in dieser Hinsicht weit hinterher.

Was angesichts der großzügigen Auslegung jedoch schnell knapp wurde, war das Geld: Geplant war laut dem Gründungspräsidenten und früheren Bildungsstaatssekretär Fritz Schaumann, einen Kapitalstock von 250 Millionen Euro aufzubauen und das Budget zum Großteil aus dessen Erträgen zu decken. Doch schon bald wurden die Spenden spärlicher, und Anfang 2002 bezweifelte der Bremer Wissenschaftsrat, dass sich die Universität dauerhaft selbst tragen könne. „Das abgelaufene Jahr war finanziell nicht erfolgreich“, musste Schaumann Anfang 2003 einräumen. „Wasser bis zum Hals“ lautete gar die Überschrift eines Artikels im „Manager Magazin“ von September 2006. Von „munterem Dahinwurschteln ohne Finanz- und Businessplan“ war darin die Rede.

Noch heute regt sich Joachim Treusch über diesen Artikel auf: „Es herrschte scharfer Wind und flaches Gewässer, aber das Schiff hatte kein Leck. Es musste nur ordentlich gesteuert werden und brauchte Treibstoff“, berichtigt er. Dass sich der nötige Sprit durchaus noch besorgen ließ, demonstrierte der 66-jährige Träger des Bundesverdienstkreuzes und Ex-Chef des Forschungszentrums Jülich wenig später eindrucksvoll: Am 31. Oktober, dem Tag von Treuschs feierlicher Amtseinführung als neuer Präsident, trat Klaus J. Jacobs ans Rednerpult, Gründer der Jacobs Foundation, in der das Vermögen aus dem Verkauf des Familienkonzerns Jacobs Suchard liegt. Bereits 2003 hatte die Stiftung der Universität rund sechs Millionen Euro spendiert. An diesem Abend aber sorgte Jacobs für Aufsehen: Völlig überraschend kündigte er in seiner Festrede an, bis zu 200 Millionen Euro in das havariegefährdete Schiff zu investieren – ab sofort jeweils 15 Millionen Euro pro Jahr und im Jahr 2011 volle 125 Millionen Euro für den Kapitalstock.