"Eine Revolution für den Meeresbergbau"

Satya Nandan ist als Generalsekretär der Internationalen Meeresbodenbehörde ISA oberster Verwalter aller Tiefseeflächen, die außerhalb nationaler Hoheitsgewässer liegen. Im Interview mit Technology Review spricht er über seine Arbeit.

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Von
  • Onno Groß

Satya Nandan ist als Generalsekretär der Internationalen Meeresbodenbehörde ISA oberster Verwalter aller Tiefseeflächen, die außerhalb nationaler Hoheitsgewässer liegen. Technology Review sprach mit ihm über die Arbeit der ISA, Probleme bei internationalen Regularien und den Schutz der Meeresumwelt.

Technology Review: Herr Nandan, was macht die Internationale Meeresbodenbehörde?

Satya Nandan: Die ISA ist eine zentrale Einrichtung der UNO und vergibt Lizenzen an Firmen, die Meeresmineralien in der Hochsee erforschen und ausbeuten wollen. Wenn sie dann mit dem Abbau beginnen, sind sie dazu verpflichtet, gewisse Lizenzgebühren zu zahlen, die wir dann an die Staatengemeinschaft verteilen.

TR: Eine Lizenz für einen Seeberg kann jeder erwerben. Was kostet das?

Nandan: Derzeit sind es nur 250.000 Dollar Lizenzgebühr für 15 Jahre, jedoch sind wir dabei, dieses zu erhöhen. Jede Firma kann tatsächlich eine Lizenz erwerben. Aber sie müssen nachweisen, dass sie dort Forschung betreiben. Diesen Aufwand wird nicht jeder leisten können.

TR: Der Meeresbergbau wird aber doch vermutlich eher in Landnähe stattfinden, beispielsweise 2009 der Goldabbau der Firma Nautilus vor Papua-Neuguinea.

Nandan: Nun, das findet statt in nationalen Hoheitsgewässern und sie können damit anfangen, wann sie wollen. Für die Gewässer außerhalb der Kontinente gibt es noch keine Anträge. Wenn Nautilus mit dem Abbau der Sulfide erfolgreich sein sollte, ist dies eine Revolution, dann ist das der Beginn des Tiefseebergbaus. Die Erfahrungen und die Technologie werden eine Vorreiterrolle einnehmen.

TR: Orientiert sich Nautilus denn am Tiefseebergbaukodex?

Nandan: Das Land Papua-Neuguinea hat sich unsere vorläufigen Regularien für den Massivsulfidabbau angesehen und wir haben Experten hingesandt. Insofern ist der Staat an unserer Arbeit stark interessiert. Ob sie dies in Ihre nationalen Gesetze überführt haben, weiß ich jedoch nicht.

TR: Im Jahre 2000 wurde ein Tiefseebergbaukodex für den Manganknollenabbau verabschiedet. Ein Erfolg?

Nandan: Oh ja, mit den Lizenzen für den Manganknollenabbau wurden gültige internationale Standards festgesetzt. Wir haben derzeit sieben Konsortien, die sich um einige Flächen nun bemuhen, darunter auch Deutschland.

TR: Das Regelwerk für die so genannten Metallsulfide scheint andererseits derzeit zu stocken. Woran liegt das?

Nandan: Wir haben etwa 80 Prozent des Regelwerks schon zusammen. Aber es gilt noch, Fragen zur Größe und Kompensation zu klären. Anders als bei den Manganknollen sind die Massivsulfide ja zumeist Punktquellen und von geringerer Ausdehnung. Wir vergeben also die potenziellen Gebiete – wir nennen sie Blocks – und unterteilen sie dazu in Forschungs- und Explorationsblocks von einigen Hundert Quadratkilometern Größe. Dabei müssen wir sicherzustellen, dass einerseits die Gebiete genügend Mineralien für einen lohnenden Abbau beinhalten. Andererseits muss das Ausgleichsgebiet als Kompensation für die ISA ebenfalls gleichwertige Lagerstätten aufweisen. Diese Verteilung der Lizenzflächen ist das schwierige.

TR: Einige Länder wie Russland und China blockieren vehement?

Nandan: Die Chinesen sind eine eigene Geschichte. Erst haben sie eine zweijährige Forschungsexpedition durchgeführt. Nun haben ihre Wissenschaftler eine Menge Vorschläge für die optimale Gebietsgrößen eingebracht. Sie sind besonders an den Kobaltkrusten an den Seebergen interessiert, aber ich bin mir sicher, sie werden beim Kodex einlenken.

TR: Gibt es denn ausreichenden Schutz für die Meeresumwelt?

Nandan: Ob nun an Land oder unter Wasser, wenn wir einen neuen Weg einschlagen, müssen wir dabei auch Bäume fällen. Die Herausforderung ist es, dies nicht unverhältnismäßig im Verhältnis zum Gewinn durchzuführen. Sondern nur in dem Maße, dass wir dabei die Tierwelt und Umwelt nicht dauerhaft zerstören. Wir haben daher beim Manganknollenabbau Daten für die Wiederbesiedlung analysiert und sie zeigen, dass diese recht schnell erfolgen kann. Ein Referenzgebiet ist also eine Möglichkeit, die Beeinträchtigungen zu minimieren.

TR: Kennt man denn auch die Folgen beim Abbau der "Schwarzen Raucher", hydrothermalen Quellen am Grund der Tiefsee?

Nandan: Derzeit nicht. Die Firmen sind durch ihre Verträglichkeitsprüfungen verpflichtet, uns Daten zu den Auswirkungen auf die Tiefsee zu liefern. Noch wissen wir sehr wenig darüber. Vermutlich ist der Einfluss aber geringer als beim Manganknollenabbau. Denn es wird ja nur auf enger Fläche das Gestein oberflächlich abgebaut. Aber wir müssen genau auf die Transportwege und Folgen aufpassen und analysieren, was passiert. Zur Not können wir den Abbau zum Schutz der Umwelt ja auch ganz verbieten. (bsc)