3D-Scans im Lichtschnittverfahren

Wer ein 3D-Datenmodell eines handlichen, realen Gegenstandes braucht, kann das mit Hilfe des Lichtschnittverfahrens gewinnen. Die Hardware-Anforderungen an einen solchen 3D-Scanner sind gering, die Algorithmik dahinter verhältnismäßig einfach, allerdings hat die Methode ihre Grenzen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 3 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Peter König
Inhaltsverzeichnis

Um die Form eines dreidimensionalen Objekts mit Hilfe des Lichtschnittverfahrens zu erfassen, benötigt man einen Linienlaser und eine Kamera. Die Grundidee: Der Laser projiziert eine Linie auf die Oberfläche des Zielobjekts. Nimmt die Kamera das Objekt von einer Position aus ins Visier, die von jener des Lasers etwas abweicht, erscheint die projizierte Linie nicht mehr gerade – sie wird durch die Form der Oberfläche des Objekts verzerrt. Sind die Positionen und Richtungen von Kamera und Linienlaser bekannt, lassen sich aus den aufgenommenen Bildern relativ einfach die 3D-Koordinaten jener Punkte der Obefläche berechnen, die gerade vom Laser beleuchtet werden. Die ermittelten Punkte müssen anschließend noch zu einem Polygonmodell der Oberfläche verbunden werden.

Während es manche Lichtschnitt-3D-Laserscanner gibt, bei denen man von Hand die Linie über das Objekt streicht – exemplarisch seien hier die einfachste Version des David Laserscanners und das Aufsteckmodul Bevel fürs Mobiltelefon genannt – verfügen die meisten günstigen Geräte, die nach dieser Methode arbeiten, um einen Drehteller, der das Objekt um dessen eigene Achse rotieren lässt. Solche Desktop-Laserscanner sind für Gegenstände in der Größe zwischen Walnuss und Honigmelone geeignet – soll was größeres eingefangen werden, greift man besser zur Photogrammetrie oder Tiefensensoren wie Kinect & Co. und passender Software dazu.

Beim MakerBot Digitizer sitzt die Kamera in der Mitte des Querbalkens. Der rote Filter davor erscheint auf dem Foto wegen einer Lichtreflexion weiß.

Der Vorteil von Desktop-Geräten mit Drehteller: Da hier noch mehr Parameter bekannt sind als beim freihändigen Lichtschnitt – neben der Brennweite der Kamera, Distanzen sowie Winkel zwischen Laser und Kamera auch noch die Entfernung zum Drehzentrum des Tellers – fällt der Software die 3D-Rekonstruktion besonders leicht. Manche Scanner verfügen über zwei Laser links und rechts der Kamera und erfassen noch mehr Details der Form. Nach einigen Minuten und einer kompletten 360-Grad-Rotation liegt der Scan als 3D-Punktwolke vor. Die mitgelieferte Software eliminiert dann noch Ausreißerpunkte, berechnet aus der Punktwolke ein Polygon-Oberflächennetz und schließt Lücken darin.

Leichtes Spiel haben die Laserscanner bei runden Objekten ohne große Vertiefungen und Einschnitte, die eine einfarbige, helle und matte Oberfläche haben. Dinge aus Glas oder spiegelndem Metall kann man fürs Scannen mattieren, etwa mit Kreidespray, das man im echten Leben draußen für Markierungen auf Sportplätzen benutzt.

Das fundamentale Problem jedes Laserlinien-Drehtellerscanners ist allerdings, dass bei festen Rotationswinkeln zwischen den einzelnen Schritten die räumliche Auflösung zwangsläufig vom Zentrum zum Rand hin abnimmt – die 3D-Modelle größerer Objekte werden aus zahlenmäßig nicht viel mehr Oberflächenkoordinaten berechnet als jene winziger Vorlagen. Und ein erstaunlich simples Objekt wie eine Tasse mit Henkel lässt sich in einem Umlauf gar nicht nicht komplett erfassen – das Fingerloch im Henkel ist entweder für die Kamera gut sichtbar, wird dann aber von der Laserlinie nicht berührt, oder der Laser tastet gerade die Außenseite des Henkels ab, findet aber nicht ins Loch hinein.

Der 3D-Scanner von Matter and Form erfasst hohe Objekte, indem Laser und Kamera an einer Spindel in die Höhe gefahren werden.

Als Abhilfe bieten gehobene 3D-Drehtellerscanner an, ein Objekt in mehreren Durchgängen in verschiedenen Lagen zu scannen und die Punktwolken anschließend zu fusionieren. Der Vorteil: Das Objekt kann rundum erfasst werden. Der Nachteil: Feine Details werden beim Verrechnen der Punktewolken eher weggemittelt. Eine Alternative besteht darin, dass man nicht nur die Plattform rotiert, sondern gleichzeitig auch den Laser schwenkt. Diese Möglichkeit bietet etwa der Smartphone-3D-Scanner eora 3D.

Wir haben im Jahr 2014 drei Desktop-Laserscanner ausprobiert, nämlich den Digitizer des etablierten 3D-Drucker-Herstellers MakerBot Industries, einen Protoypen des kanadischen Start-ups Matter and Form sowie das Open-Source-Eigenbaumodell FabScan (siehe auch Liste am Ende dieses Artikels). Ein paar ausgewählte Scan-Ergebnisse zeigt die folgende Bilderstrecke, die die Problematik der Technik nochmal deutlich macht:

3D-Scans vom Drehteller (19 Bilder)

Spielzeug-Bock mit Digitizer gescannt

Bei 3D-Scans vom Drehteller nimmt die Dichte der erfassten Oberflächenpunkte zum Zentrum hin zu. Bei diesem Scan wurde der gerade mal 8 Zentimeter lange Spielzeugbock so platziert, dass sich sein Kopf über der Mitte des Drehteller befand und deshalb sehr detailliert modelliert wurde ...

Der Digitizer von MakerBot Industries funktioniert ohne viel Einarbeitung und kombiniert auf Wunsch automatisch mehrere Scans einer Vorlage (Multiscan). Aus den Punktwolken beliebig vieler Scans eines Objekts berechnet die Software im Anschluss ein zusammenhängendes Oberflächennetz. Der Digitizer liefert einfarbige Modelle und kostet 949 Euro.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Der zusammenklappbare Scanner von Matter and Form ist deutlich kleiner als der Digitizer, erfasst aber ähnlich große Objekte, indem er nach jeder 360-Grad-Drehung des Tellers den gesamten Kopf mit Kamera und Lasern an einer Spindel ein Stück in die Höhe schraubt. Von dieser Warte aus nimmt die Software die nächste Umdrehung auf. Das setzt sich fort, bis entweder die Spitze des Objekts oder das Ende der Spindel erreicht ist. Der Scanner kostet 600 US-Dollar.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Der FabScan war ursprünglich Thema einer Bachelor-Arbeit an der RWTH Aachen und wird jetzt dort von der Media Computing Group weitergeführt. Die Konstruktion ist deutlich simpler als die der beiden kommerziellen Geräte – der FabScan verfügt nur über einen Linienlaser und erfasst auch nur kleinere Objekte. Kalibriert wird mit Augenmaß und Schraubenzieher. Je nach Geduld dabei fallen die Scans präziser oder gröber aus. Die Materialkosten für den Eigenbau werden mit 100 Euro angegeben. Da alle Baupläne, Schaltbilder und die Software unter Open-Source-Lizenz stehen, eignet sich der FabScan auch als Basis für eigene Weiterentwicklungen, beispielsweise einen bewegten Linienlaser. Der Nachfolger FabScan Pi steht kurz vor der Fertigstellung – er wird von einem Raspberry Pi gesteuert und soll übers Web zu nutzen sein.

Der FabScan ist aus einer ähnlichen Perspektive aufgenommen, aus der auch die eingebaute Kamera auf den Drehteller blickt.

Der Da Vinci AIO von xyzPrinting für 800 Euro ist eine Kombination aus 3D-Drucker und 3D-Laserscanner, wodurch sich mit dem Gerät Kopien herstellen lassen. Wie das in der Praxis funktioniert, zeigt folgendes Video:

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Eine Variante des Lichtschnitts ist das Coded-Light-Verfahren (auch: Structured Light), bei dem der Gegenstand nicht mit einer simplen Linie, sondern flächig durch eine Abfolge von immer feiner werdenden Streifenmustern bestrahlt wird. Das geht schneller und bildet die Form deutlich besser ab, da eine Fläche statt nur einer Linie erfasst wird. Das Verfahren ist aber von der Hardware her aufwendiger, da man für die Projektion einen Beamer benötigt. Mit Coded Light arbeitet beispielsweise der David-Laserscanner. Dessen Version SLS-3 kostet über 3000 Euro; das Paket enthält sämtliche Hardware von der Kamera bis zum Beamer. ()