MWC 2016: Ubuntu-Tablet bq Aquaris M10 ausprobiert

Auf dem MWC lässt sich das erste Tablet mit Ubuntu endlich ausprobieren. Das Gerät von bq und Canonical hat eine angepasste Touch-Oberfläche, kann sich aber mit Maus und Tastatur auch zum Desktop-Ubuntu wandeln.

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Ubuntu-Tablet bq Aquaris M10

Das bq Aquaris M10 Ubuntu Edition ist das erste Tablet, das mit vorinstalliertem Ubuntu ausgeliefert wird.

(Bild: bq)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Ubuntu-Entwickler Canonical und Geräte-Hersteller bq zeigen auf dem MWC zusammen das erste Tablet mit vorinstalliertem Ubuntu. Auf dem 10-Zoll-Tablet bq Aquaris M10 Ubuntu Edition läuft das gleichnamige Linux-Derivat mit einer auf Touch-Steuerung optimierten Oberfläche. Schließt man Maus und Tastatur an, arbeitet das System dagegen wie das bekannte Desktop-System. Wir konnten Gerät und Betriebssystem vor Ort bereits genauer in Augenschein nehmen.

Die Spezifikationen des Aquarius M10 Ubuntu Edition hatte Canonical vor einigen Wochen bereits genannt: Unter der 246 mm × 171 mm × 8,2 mm dünnen Hülle arbeitet ein MediaTek Quad Core MT8163A mit 1,5 GHz als Prozessor. Als Arbeitsspeicher müssen 2 GByte genügen, auch der lokale Massenspeicher ist mit 16 GByte begrenzt. Letzterer lässt sich jedoch per MicroSD-Karte um bis zu 64 GByte erweitern. Der 10,1 Zoll große Bildschirm bietet eine Auflösung von 1920 × 1200 Pixeln. Für Videotelefonie und Aufnahmen sind eine Kamera mit 12 Megapixeln und eine Full-HD-Webcam an Bord. Einen externen Monitor können Nutzer per Micro-HDMI-Port anschließen. Der Akku fasst 7280 mAh, das Gesamtpaket wiegt 470 g.

bq Aquaris M10 Ubuntu Edition (9 Bilder)

Ubuntu-Tablet im Desktop-Modus

Auf dem bq Aquaris M10 läuft ein herkömmliches Ubuntu. Bei angeschlossener Tastatur verhält es sich wie ein Desktop-System.
(Bild: asp)

Im Tablet-Modus verhält sich die Oberfläche des Ubuntu-Tablets ähnlich wie bei den Ubuntu Smartphones, von denen eines ebenfalls von bq hergestellt wird. Es gibt große, leicht zu treffende Buttons, eine reduziertes Design und alle Anwendungen laufen im Vollbild. Ebenfalls mit dabei sind die Scopes: Sie ähneln Smartphone-Apps und fassen thematisch sortiert Inhalte aus dem Netz zusammen.

Auffällig ist die derzeit noch fehlende Anpassung an den Tablet-Bildschirm: Zwar skalieren alle Apps und Scopes auf die 10-Zoll-Diagonale hoch, doch dabei bleibt jede Menge leerer Raum übrig. Zudem funktioniert vieles bisher nicht im Hochformat. Das nervt auch bei der Benutzung enorm, denn beim durch die Apps wischen wechselt die Ausrichtung gerne unvermittelt zurück ins Querformat.

Generell erinnert derzeit optisch noch viel an die Ubuntu-Telefon-Oberfläche, die zusätzliche Fläche wird fast durchweg verschenkt. Daher macht der Tablet-Teil einen noch eher unfertigen Eindruck. Bei unserem Testgerät wollte auch die Kamera-App nicht starten. Praktisch ist allerdings die bei einigen Apps vorhandene Möglichkeit sie parallel zu einer anderen Anwendungen auf dem Schirm anzuzeigen. Auch die Navigation im System geht nach etwas Gewöhnung leicht von der Hand.

Desktop-Anwendungen laufen auch im Tablet-Modus und können mit dem Finger bedient werden, allerdings ist das ohne Anpassungen durch den Entwickler sehr mühsam. Anders als bei Continuum für Windows 10 Mobile laufen auf dem Tablet auch tatsächlich herkömmliche Desktop-Programme und keine aufgebohrten Apps. Vergleichbar ist das Tablet-Ubuntu also eher mit Geräten für das große Desktop-Windows, es läuft aber auch auf ARM-Prozessoren wie im Aquaris M10.

Verbindet man Maus und Tastatur mit dem Tablet, dann wechselt Ubuntu in die von PC und Laptop bekannte herkömmliche Ansicht. Programme und die Touch-Apps laufen dann im Fenster und können beliebig verschoben, verkleinert und vergrößert werden. Erst in diesem Modus werden Schaltflächen zum Schließen und Minimieren der Fenster eingeblendet. Die Scopes laufen im Hintergrund weiter und können nicht beendet werden, damit sie beim Wechsel in den Tablet-Modus weiter funktionieren.

Bei der klassischen Bedienung mit der Maus gibt es keine großen Überraschungen. Touch-Eingaben werden aber weiterhin registriert. Die Seitenleiste mit den Apps und das Einstellungsmenü können so bequem herein gewischt werden.

Auffällig wardie träge Reaktion einiger Desktop-Anwendungen. Sie bauten ihre Oberfläche beim Ändern des Fensters nur sehr langsam auf. Ansonsten reichte die Performance für Office-Anwendungen aber aus. Für mehr dürfte der Mittelklasse-Chip MediaTek mit vier Kernen wohl nicht reichen. Mit 2 GByte RAM und 16 GByte internem Speicher kommt man ebenfalls nicht besonders weit, wenn man viele Apps parallel nutzen will. Über einen MicroSD-Slot kann der Speicherplatz zumindest erweitert werden. Der Full-HD-Bildschirm ist angenehm scharf, über einen Micro-HDMI-Anschluss kann auch ein größerer Monitor angeschlossen werden.

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Was dem Tablet fehlt ist eine Tastatur oder ein Ständer im Zubehörprogramm. Auf dem bq-Stand war auch nur eine generische Bluetooth-Tastatur zu sehen. Die brauchte zudem recht lange, bis sie mit dem Gerät verbunden war. So wirkt das Projekt derzeit eher als Entwicklervorschau und weniger als fertiges Gerät für Kunden. Zwar ist die Hardware an sich ausgereift, die Software wirkt aber noch mehr als Baustelle. Angesicht der mittlerweile drei Jahre alten Versprechungen als Ubuntu für die Nexus-Tablets vorgestellt wurde, wirkt das gezeigte ziemlich mager.

Als echte Alternative zu Tablets mit Winows 10 bietet es sich derzeit also nicht an. Erscheinen soll das Gerät im zweiten Quartal, ein Preis steht bislang nicht fest. Der soll sich aber an der Android-Version des Aquaris M10 orientieren, die rund 270 Euro kostet. (asp)