Filzstift oder Kaffeetröpfchen? Selbstgebaute Maschinen zeichnen Porträts

Die eine setzt auf Arduino, die andere auf Android, aber beide Konstruktionen verwandeln Fotos von Gesichtern in kunstvolle grafische Unikate – die eine in Pop-Art, die andere in raffinierte Liniengespinste.

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Filzstift oder Kaffeetröpfchen? Selbstgebaute Maschinen zeichnen Porträts

Porträtdruck in Rasterpunkten – mit Kaffee aufgetropft.

(Bild: makezine.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter König

Der Entwickler Ytai Ben-Tsvi ist als Schöpfer des IOIO-Boards (sprich: Jojo-Board) bekannt, das Android-Smartphones und -Tablets um Ein- und Ausgänge zum Messen und Steuern erweitert. Bereits 2013 hat er drumherum eine Bibliothek zur Motorsteuerung gestrickt, sodass man IOIO auch für den Plotterbetrieb per Telefon benutzen kann. Dabei wird der Stift nicht horizontal entlang zweier senkrecht zueinander stehenden Achsen bewegt, sondern steckt in einer Gondel, die vor einer nahezu senkrechten Zeichenfläche schwebt, von zwei Seilen gehalten, deren gezielte und koordinierte Längenänderungen den Stift die beabsichtigten Striche ziehen lassen.

In Kombination mit Bilderkennung über die Bibliothek OpenCV und einem Algorithmus zur Pfadplanung wird ein Porträtzeichenroboter daraus, der Schnappschüsse von Gesichtern in Linienkunst umsetzt. Während die ursprüngliche Version des IOIOPlotters von Ben-Tsvi noch die Kanten auf dem Foto herauszog und die dann brav zu Papier brachte, arbeitet das System, das im Video oben und in Googles Anwendungssammlung Android Experiments zu sehen ist, nach einem freieren, aber ebenfalls simplen Verfahren: Die Software beginnt den ersten geraden Strich beim dunkelsten Fleck auf dem Foto (alle darauffolgenden beginnen mit dem Endpunkt des vorigen Strichs). Vom jeweiligen Startpunkt aus erzeugt das Programm eine bestimmte Anzahl zufälliger Linien kreuz und quer über die Vorlage und berechnet für jede, über wie viele wie dunkle Pixel die Linie führt. Jene Linie, die in der Summe die meisten dunklen Pixel überstreicht, wird gezeichnet. Anschließend maskiert das Programm die Pixel in der Vorlage, damit der Plotter nicht dauernd zwischen denselben Punkten hin und her strichelt. Auf diese Weise entsteht ein recht abstrahiertes, aber durchaus erkennbares und grafisch interessantes Porträt. Den Code für den Nachbau der Zeichenmaschine gibt es bei GitHub.

Ähnlich abstrakt erscheinen auch die Bilder, die der Plotter von Ted Kinsman produziert: Der Assistant Professor für Fotografie am Rochester Institute of Technology hat eine Tropfmaschine gebaut, die im strengen Raster Tröpfchen definierter Größe aufs Papier bringt und so großformatige Unikate im Stil der Pop-Art erzeugt. Sie schafft dabei etwa einen Tropfen pro Sekunde. Das folgende Video zeigt den Vorgang zunächst in Echtzeit, dann in Zeitraffer:

Unsere Kollegin Sophia Smith von der US-Make hat sich die Maschine genauer angesehen und mit ihrem Erbauer gesprochen. Der erzählte ihr, die Idee sei ihm gekommen, weil er zum einen schon seit Jahren von einer Maschine geträumt habe, die für ihn male, und zum anderen immer kalter Kaffee in seiner Kanne zurückbliebe. Sein 2D-Plotter auf Arduino-Basis bringt jetzt den Wunsch und das vorhandene Material zusammen. Dabei arbeitet die Maschine potenziell mit allem, was flüssig und farbig ist – auch Rotwein oder gefärbtem Wasser. In den Speicher des Arduino passen zwar nur Bilder mit rund 8000 Pixeln, für ein wiedererkennbares Porträt reicht das aber offensichtlich.

Coffee Drip Printer (5 Bilder)

In voller Schönheit: Hier hat der Kaffee-Tropfen-Plotter von Ted Kinsman das Porträt frisch vollendet. Die Feuchtigkeit des Kaffees wellt das Papier. Nach einem Tag ist alles trocken, dann sollte es sich weitgehend wieder glattziehen.
(Bild: makezine.com)

(pek)