Verteidigungs-Konferenz: Wie schützt man sich vor Drohnen?

"Habicht-Drohnen" mit Netzen, passives Radar, elektromagnetische Pulse oder dressierte Greifvögel: Mit welchen Mitteln man sich vor ungewollten Drohnenflügen schützen kann, war ein heißes Thema auf einer Bonner Sicherheits-Konferenz.

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Militärische Forschung: Wie schützt man sich vor Drohnen?

2013 stürzte bei einem Wahlkampfauftritt ein kleiner Quadkopter 2 Meter von Bundeskanzlerin Merkel ab. Nicht jeder reagierte darauf so amüsiert wie sie.

(Bild: dpa)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske
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Wer zu spät kam, musste stehen. Der Sitzungsraum, der zur Konferenz Angewandte Forschung für Verteidigung und Sicherheit in Deutschland im Bonner Maritim Hotel für die Vorträge zum Thema "Schutz vor UAV" vorgesehen war, war hoffnungslos überfüllt. Deutlicher ließ sich kaum unterstreichen, wie dringlich die hier diskutierten Fragen sind. UAV ist die international übliche Abkürzung für "Unmanned Aerial Vehicles", häufig auch als Drohnen bezeichnet.

Hier ging es allerdings nicht um die großen, hoch fliegenden und unter Umständen auch bewaffneten Drohnen, die zumeist im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte stehen. Die Referenten beschränkten sich vielmehr auf die kleinen, als Mikro- oder Mini-Drohnen klassifizierten Fluggeräte mit einem Gewicht zwischen einem und 25 Kilogramm.

Diese Geräte seien mittlerweile sehr leicht zu beschaffen und stellten eine zunehmende Bedrohung dar, sagte Hans-Wilhelm Warnke von der Firma Rheinmetall. LSS lautet das Kürzel für diese neue Bedrohungskategorie unbemannter Flugsysteme: low, small, slow – niedrig fliegend, klein und langsam. Das klingt erst einmal nicht gefährlich.

Doch gerade die kleinen Abmessungen in Verbindung mit hoher Beweglichkeit stellen ein Problem dar, weil sie die rechtzeitige Erkennung einer sich nähernden Drohne erschweren, wie Wolfgang Koch vom Fraunhofer-Institut FKIE erklärte. Es sei daher das Zusammenspiel verschiedener Sensoren mithilfe anspruchsvoller Algorithmen erforderlich, um auch kleine Quadrokopter bereits in mehreren hundert Metern Entfernung erkennen, verfolgen und gegebenenfalls bekämpfen zu können, bevor sie Schaden anrichten können.

Es muss noch nicht einmal kriminelle Energie am Werk sein, damit eine Drohne zur Bedrohung wird. Auch der unbedachte Flug durch die Einflugschneise eines Flughafens kann katastrophale Folgen haben, ganz abgesehen von gezielter Spionage, Belästigung oder gar Angriffen mit Sprengladungen oder anderen gefährlichen Stoffen. Die Gegenmaßnahmen müssten sich an der Art der Bedrohung orientieren, sagte Koch. So sei es sicherlich nicht sinnvoll, eine mit Gefahrstoffen beladene Drohne abzuschießen.

In so einem Fall müsste eine größere, mit einem Netz ausgestattete "Habicht-Drohne" zum Einsatz kommen, die den Angreifer einfängt und sicher zum Boden bringt. Andere Möglichkeiten sind, die Fernsteuerung zu stören oder zu übernehmen, die Satellitennavigation zu täuschen oder mit Lasern die Zielerfassung zu blenden. Immerhin verfügten kleine Drohnen kaum über Möglichkeiten des Selbstschutzes. Das sei ein "kleines Plus", meinte Koch.

Erst einmal muss die Drohne aber überhaupt bemerkt und lokalisiert werden. Als mögliches Frühwarnsystem stellte Warnke das elektro-optische System IRST (Infrared Search and Track) in Verbindung mit der Multisensorplattform MSP 600 vor. IRST besteht in der kleinen, mobileren Version aus einer fünfmal pro Sekunde rotierenden Kamera, die eine Winkelauflösung von 0,87 mRad pro Pixel erreicht. Die größere Version ermöglicht ebenfalls einen Rundumblick von 360 Grad, dank 16 statisch montierter Kameras aber mit höherer Reichweite und Auflösung.

Das System sei sowohl zum G7-Gipfel im vergangenen Jahr als auch kürzlich beim Weltwirtschaftsforum in Davos zum Einsatz gekommen, sagte Warnke. Für die Zukunft werde angestrebt, die Detektionswahrscheinlichkeit zu erhöhen und die Falschalarmrate zu reduzieren. Es gebe aber noch viele ungelöste Probleme. So könne das System durch Vogelschwärme irritiert werden. Ein Ereignis wie der Berlin-Marathon sei damit nicht zu schützen. Dafür seien vernetzte Sensoren erforderlich, ein solches System sei aber noch nicht operationell. Angesichts der Vielfalt möglicher Bedrohungen könne es am Ende auch nur eine Vielzahl von Lösungen geben.

Als weiteres vielversprechendes Detektionsverfahren nannte Koch Passives Radar. Ein solches System strahlt keine eigenen Signale aus, sondern nutzt die von Mobilfunk-Basisstationen. Diese ermöglichten eine hohe Doppler-Auflösung, die auch die Bewegungen der Rotoren von Minidrohnen erkennen lässt. Mit Analysemethoden aus dem Bereich könnten zudem auch akustische Signale analysiert werden. Auf diese Weise seien Drohnen in Tests im vergangenen September bis in Entfernungen von 200 Metern erkannt worden.

Am Schutz des G7-Gipfels waren auch die Firmen ESG und Diehl BGT an der Drohnenabwehr beteiligt. Dort sei das "Gesamtsystem zur Detektion, Identifikation und Abwehr von Drohnen erfolgreich operationell zum Einsatz gebracht" worden, heißt es in einer Mitteilung der ESG Elektroniksystem- und Logistik GmbH. Ob das bedeute, dass während des Gipfels tatsächliche Drohnenangriffe abgewehrt worden seien, dürfe er nicht beantworten, sagte ein Vertreter der Firma.

Das System sei aber vorab umfassend und erfolgreich getestet worden. Es stützte sich dabei auf Radar sowie die Analyse des Funkverkehrs und sah als eine Gegenwehr das GPS Spoofing vor, bei dem die Signale der Navigationssatelliten abgeschirmt und stattdessen eine falsche Satellitenkonstellation vorgetäuscht wird. Von Diehl BGT war zudem das System HPEM (High Power Electro-Magnetics) im Einsatz. Es erzeugt einen starken elektromagnetischen Puls, der die Elektronik der Zielobjekte vorübergehend lahmlegt.

Die Version HPEMcase habe den Luftraum mit einer Reichweite von 40 bis 120 Metern gesichert, sagte Diehl-Mitarbeiter Stefan Bullmer. Daneben habe es die in einem Fahrzeug installierte Version CarStop gegeben, die bei anderen Fahrzeugen in fünf bis zehn Metern Entfernung den Motor stoppen könne. Damit sei die Straße vor dem Schloss Elmau kontrolliert worden, wo der G7-Gipfel tagte. Ob das System dabei tatsächlich mal gefeuert hat, verriet auch er nicht.

Ebenfalls unerwähnt blieb der Einsatz wirklicher Habichte oder anderer Raubvögel gegen Drohnen, wie er von der niederländischen Firma Guard from Above angeboten und von der dortigen Polizei getestet wird. Da könnte sich zwischen Technik und Natur noch ein unerwartetes Wettrüsten entwickeln. Wer am Ende gewinnt, ist völlig offen.

(axk)