NSA-Ausschuss: Deutschland kontrolliert private US-Überwacher angeblich besser

Die Bundesregierung prüft laut Aussage eines Diplomaten im NSA-Ausschuss seit 2013 genauer, welche US-Unternehmen hierzulande "analytische Dienstleistungen" fürs Militär durchführen dürfen. Allzu hoch sollen die Hürden aber nicht werden.

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NSA-Ausschuss

(Bild: Deutscher Bundestag / Simone M. Neumann / NSA<br>)

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Wenn die US-Armee hierzulande aus der Heimat "analytische Dienstleister" hinzuziehen und für deren Mitarbeiter vereinfacht ein Aufenthaltsrecht erwirken will, schaut die Bundesregierung seit den Snowden-Enthüllungen genauer hin. Dies erklärte Martin Ney, Ex-Leiter der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes, am Donnerstag im NSA-Untersuchungsausschuss. Der Völkerrechtsexperte betonte mehrfach: "Wir haben die Zügel angezogen."

Das Außenministerium hat bereits zahlreichen US-Firmen gestattet, hierzulande "analytische Dienste" durchzuführen. Die Unternehmen dürfen unter anderem Datennetze nachrichtendienstlich auswerten. Bekannt ist der Fall Leonie Industries: Analytiker der Firma sollen in der US-Basis in Stuttgart mit dem Überwachungsprogramm PRISM arbeiten. Erstellt werden laut Berichten Präsentationen, die auch Listen neuer Zielpersonen umfassen. Diese Daten könnten für gezielte Tötungen im US-Drohnenkrieg genutzt werden.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Mittels sogenannter Verbalnoten hat das Außenministerium solche Unternehmen den US-Streitkräften rechtlich gleichgestellt. Es habe zu seiner Zeit als Justiziar "50 bis 100 Anträge pro Jahr" gegeben, erklärte Ney. Bis 2013 sei nur deren "Plausibilität" geprüft worden. Man habe sich also aus einem grundsätzlichen Vertrauensverhältnis gegenüber dem engen Partner heraus die Tätigkeitsbeschreibungen im Rahmen des sogenannten Docper-Verfahrens dahingehend angeschaut, ob diese "Sinn machen im Zusammenhang mit dem Truppenauftrag".

Mit dem NSA-Skandal habe man die Anforderungen bis zum Frühjahr 2014 erhöht, berichtete der jetzige deutsche Botschafter in Indien. So sei nun in jede einschlägige Verbalnote eine Klausel eingefügt worden, dass die Privilegierten hierzulande deutsches Recht einhalten müssten. Die US-Seite habe zugesagt, "alles zu unternehmen", um dies sicherzustellen. Zudem würden das Bundesinnenministerium, das Verteidigungsressort und das Kanzleramt in die Frage mit einbezogen, ob eine Genehmigung erteilt werden sollte.

Die Dienstleister müssen dem Zeugen zufolge auch selbst beschreiben, was sie tun, damit ihre Angestellten auf deutschem Boden hiesiges Recht beachten. Ferner sei eine beratende Kommission zu einer Art Schiedsstelle aufgewertet worden. Ob die Vorgaben tatsächlich berücksichtigt werden, ist der Bundesregierung aber nicht bekannt. "Die Kontrolle ist Länderangelegenheit", konstatierte der 59-Jährige. Diese könnten einzelne Personen ablehnen und "Außenprüfungen" durchführen. Generell gehe es aber nicht darum, "den Amerikanern Steine in den Weg zu legen".

Im Herbst 2014 habe die US-Seite neue Firmennahmen vorgelegt, unter denen auch Booz Allen Hamilton gewesen sei – Edward Snowdens Ex-Arbeitgeber. "Da gingen bei uns die Lampen an", so Ney. Die beisitzende Kommission habe daraufhin "einige Dinge klären müssen". Seine Abteilung habe der Spitze des Auswärtigen Amtes dann vorgeschlagen, nur einen Teil der Anträge sofort zu genehmigen und die anderen an die Schiedsstelle zu geben. In einem Fall habe man geraten, die Zulassung abzulehnen. Das Innenressort und das Kanzleramt seien aber nicht bereit gewesen, dies mitzutragen. So habe es Nachverhandlungen gegeben, über deren Ergebnis der Zeuge nichts sagte.

Generell konnte Ney nicht ausschließen, dass die Vertragsfirmen "nachrichtendienstliche Tätigkeiten" ausübten, solange diese gegen andere Länder gerichtet seien. Zur Rolle der US-Basis Ramstein, die laut einem anderen Zeugen als Relaisstation für den Drohnenkrieg der Vereinigten Staaten dient, äußerte er sich rein hypothetisch: Wenn diese eine derart zentrale Rolle spielen sollte, müsste die Bundesrepublik etwas unternehmen. Dies sei aber nicht nachgewiesen. Selbst wenn Drohnen von dort aus entgegen der US-Ansage "geführt oder gestartet" würden, seien diese Einsätze nicht "per se völkerrechtswidrig".

Wenn in einem bewaffneten Konflikt humanitäres Kriegsvölkerrecht gilt, sind gezielte Tötungen laut dem Juristen zulässig, solange bestimmte andere Grundsätze eingehalten werden. Seine Abteilung sei mit einschlägigen Fragen befasst gewesen, an Antworten erinnere er sich aber nicht. Einen konkreten Vermerk deutscher Behörden, dass weitergegebene Daten nicht für derlei Operationen eingesetzt werden dürften, kannte er nach eigenen Angaben nicht. (mho)