Xponential: Die fliegende Tauchdrohne Naviator

Ein Fluggerät, das nahtlos abtaucht, und an anderer Stelle aus dem Wasser wieder aufsteigt und weiterfliegt – diese jahrzehntealte Herausforderung haben Forscher der Rutgers Universität gemeistert. Hard- und Software sollen Open Source werden.

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Naviator unter Wasser

Finanziert hat das Projekt die Forschungsabteilung der US-Kriegsmarine.

(Bild: Rutgers University)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Eine Drohne, die sowohl fliegt als auch taucht, dabei keine Zwischenwasserung einlegen muss, und den Übergang von einem Medium zum anderen auch mehrmals hintereinander schafft, ist ein alter Traum der Militärs. Einem Forscherteam um Javier Diez, Professor an der Rutgers Universität in New Jersey, dürfte mit dem Naviator der Durchbruch gelungen sein. Auf der Xponential in New Orleans kündigte Diez vergangene Woche an, Baupläne und Software als Open Source freizugeben.

Der Naviator in einem Schwimmbecken

(Bild: Rutgers University)

Im Unterschied zur CRACUNS-Drohne der Johns Hopkins Universität kann der Naviator nicht nur unter Wasser starten, sondern wiederholt zwischen Luft und Wasser wechseln. Mit der doppelten Bestückung mit Rotoren hat Diez das Problem des Übergangs zwischen den beiden Medien gelöst: Der Naviator ist eine rotorgetriebene Drohne mit vier Armen, hat aber am Ende jeden Arms zwei Rotoren. So eine Konfiguration eines "Quadkopters" mit acht Rotoren wird als X8 bezeichnet.

Beim Ab- oder Auftauchen kann jeder Rotor mit einer ihm eigenen Drehzahl arbeiten. Daher schadet es nicht, wenn etwa die unteren Rotoren im Wasser und die oberen in der Luft sind. So gelingt die Steuerung im Wasser, in der Luft und beim Übergang dazwischen, ohne Motoren oder Rotorenflügel zu überlasten.

Einmal abgetaucht, dreht sich der Naviator um etwa 90 Grad, so dass seine Propeller nicht mehr waagerecht, sondern senkrecht angeordnet sind. Sie arbeiten dann als Schiffsschrauben. Auf- und Abstieg werden durch Abweichungen von der Senkrechte gesteuert. Unter Wasser werden die Motoren mit geringerer Stromspannung versorgt, was den Angaben zu Folge die Reichweite vervielfacht.

Professor F. Javier Diez-Garias bei seinem Vortrag auf der Xponential

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Laut Diez' ist der Naviator praktisch auftriebsneutral. Das Design skaliere zudem von winzigklein bis Hubschrauberformat. Offenbar gibt es schon eine deutlich größere Variante als die bisher gezeigte, doch wird sie noch geheim gehalten. Im Laufe des Jahres möchte National Geographic das größere Modell in einer Fernsehdokumentation vorstellen.

Die derzeit bekannte Version sei gar nicht einmal teuer, meinte Diez. Die Hardware koste nur "einige Tausend Dollar". Allerdings fehlen noch zwei wichtige Schritte: Erstens müssen Innendruck und Dichtungen an den Druck in tieferen Wasserschichten angepasst werden, zweitens hat Diez noch kein leistungsfähiges Modem für die Unterwasserkommunikation. Diese Geräte kosten mehr als der restliche Naviator. Außerdem erhöhen sie die Masse, was wiederum mehr Leistung von Drohne und Akku erfordert.

Daher hängt die Flugtauchdrohne in den Tests im Schwimmbecken noch an einem Kabel. Dieses werde aber ausschließlich zur Kommunikation und nicht zur Energieübertragung benutzt, beteuerte der Professor. Im Juni soll sich der Naviator bei einer Such- und Rettungsdemonstration vor der Küste New Jerseys beweisen. Dann wird voraussichtlich ein kleines Unterwassermodem der Firma WHOI zum Einsatz kommen. Es kann 13 Bit pro Sekunde übertragen, was für einfache Steuerbefehle und grundlegende Rückmeldungen reicht.

Mit professionellen Unterwassermodems mit mehreren Antennen und einem Array an Gegenstellen ließen sich Datenraten für live Videostreams erreichen. Dann könnte ein Naviator mit diversen Sensoren zur Aufklärung, aber auch für zivile Zwecke wie etwa Rettungseinsätze oder Brückeninspektionen sowohl über als auch unter Wasser eingesetzt werden.

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Ein weiteres Szenario ist die Verwendung mehrerer Naviator-Drohnen als Relay-Stationen unter Wasser. Damit könnte die Reichweite von Unterwasserkommunikation kurzfristig vervielfacht werden. Und natürlich denkt die US-Kriegsmarine, die das Forschungsprojekt finanziert hat, daran, Explosivstoffe zu verbringen.

Militärs träumen schon lange von einer Flugtauchmaschine. Die Arbeit des sowjetischen Militäringenieurs Boris P. Uschakow kam in den 1930er Jahren nie über Pläne hinaus. In den 1960er Jahren baute Donald V. Reid in den USA einen Prototypen seines Fliegenden U-Boots. Es war kaum flugfähig und konnte nach einer Wasserung, Abdichtarbeiten, dem Abpumpen des Treibstoffs ins Meer und dem Aufnehmen von Meerwasser unter die Wasseroberfläche sinken. Der Pilot saß dabei mit Atemausrüstung im Wasser. Eine Weiterentwicklung namens Aeroship soll laut Wikipedia 1968 einmal öffentlich gewassert, kurz abgetaucht und dann wieder entflogen sein.

Die CRACUNS-Drohne der Johns Hopkins Uni kann unter Wasser gestartet werden.

(Bild: Applied Physics Laboratory, Johns Hopkins)

Auf Frage von heise online erklärte Diez, dass es keine Schwierigkeit sei, den Naviator mit einer Art aufblasbarem Schwimmreifen auszustatten. Damit wäre es möglich, den Naviator auf der Wasseroberfläche zu parken. "Wir haben sogar mit einem aufblasbaren System angefangen, um damit im Wasser aufzusteigen", verriet der Forscher, "Aber dann sind wir nur etwa ein von zehn Mal aus dem Wasser herausgekommen und erfolgreich weggeflogen."

Rauer Seegang sei ebenfalls kein Problem. Dank der doppelten Rotorenbestückung mit individueller Steuerung jeden Rotors wären überschwappende Wellen kein Problem. (ds)