Geplante Obsoleszenz: "Die Industrie hat noch ganz andere Methoden"

Das Umweltbundesamt ist dem Thema geplante Obsoleszenz nachgegangen und hat keine Belege für absichtlichen Einbau von Mängeln gefunden. Dieser Ansatz greife jedoch zu kurz, kritisiert nun ein Ökonom im Interview mit c't.

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Geplante Obsoleszenz: "Verbraucher sind mitverantwortlich an frühem Verschleiß"

(Bild: Curtis Palmer, CC BY 2.0)

Lesezeit: 2 Min.

Die großangelegte Studie des Umweltbundesamts zur "Obsoleszenz" konzentriere sich zu stark auf die Extremfälle geplanter Obsoleszenz, die arglistig eingebauten Sollbruchstellen, kritisiert der Ökonom Harald Wieser im Interview mit c't.

Denn in der Praxis ließen sich solche Fälle unmöglich von unvermeidbaren Design-Entscheidungen abgrenzen. Dadurch werde die Studie als Entlastung der Industrie wahrgenommen.

Unternehmen hätten jedoch noch weitere Methoden zur Beschleunigung der Obsoleszenz, "zum Beispiel Werbung und schnelle Generationswechsel trotz minimalem technischem Fortschritt", merkt Wieser an. Außerdem nehme die Studie unkritisch an, dass die Unternehmen die Lebensdauer ihrer Produkte lediglich so planen, wie der Kunde es wünscht.

Im Interview mit c't erklärt Wieser seine Theorie von der "Abwärtsspirale der Erwartungen". Käufer seien oft misstrauisch in Bezug auf die Lebensdauer von Produkten und kaum bereit, für langlebige Geräte mehr zu bezahlen. Die Industrie schlussfolgere daraus, dass Konsumenten stets nach dem Neuesten verlangten. Es bringe daher nichts, wenn sich Unternehmen und Verbraucher gegenseitig die Schuld an der Obsoleszenz geben.

Wieser hat für die Arbeiterkammer Wien eine Obsoleszenz-Studie durchgeführt und untersucht zurzeit an der Universität Manchester die Entwicklung der Nutzungsdauer von Handys.

Das Umweltbundesamt hatte Mitte Februar den Abschlussbericht seiner Studie zur Obsoleszenz veröffentlicht. Die zweiteilige Studie hatte sich der Lebens- und Nutzungsdauer von Elektro- und Elektronikgeräten sowie den Ursachen der Obsoleszenz gewidmet.

Konstatiert wurde, dass werkstoffliche Obsoleszenz (mangelnde Robustheit), funktionale Obsoleszenz (zum Beispiel fehlende Treiber-Software), ökonomische Obsoleszenz (zum Beispiel hohe Reparaturkosten) und psychologische Obsoleszenz (Mode) "hochkomplex" zusammenwirken. Auch die "geplante Obsoleszenz", also den absichtlichen Einbau von Mängeln durch die Hersteller, untersuchten die Autoren, fanden aber keine Belege.

Lesen Sie das gesamte Interview und eine Zusammenfassung der Studie bei c't:

  • Billig, aber kein Betrug

Außerdem war die Obsoleszenz-Studie (ab 27:00 min) Thema in der jüngsten Folge des c't uplink:

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(mho)