Linux-Distributionen unterstützen bald OpenGL 4.3

Verbesserte Open-Source-Grafiktreiber bringen Unterstützung für modernere OpenGL-Versionen. Mit den von Linux-Distributionen standardmäßig eingerichteten Treibern laufen daher bald mehr Spiele. AMDs Treiber legt zudem bei der Performance zu.

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Linux-Distributionen unterstützen bald OpenGL 4.3
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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Linux-Distributionen werden bald OpenGL 4.3 bei gängigen PC-Grafikchips von AMD, Intel und Nvidia unterstützen. Das ist Fortschritten bei der Grafikbibliothek Mesa und den darin enthaltenen 3D-Treibern zu verdanken, die Debian, Fedora, Ubuntu und Co. standardmäßig zur 3D-Beschleunigung einrichten. Durch die Verbesserungen laufen mit den Open-Source-Treibern nun auch einige Spiele, die unter Linux bislang proprietäre Grafiktreiber von AMD oder Nvidia erforderten.

Der OpenGL-4.3-Support ist jetzt absehbar, denn er wurde am Wochenende in den Mesa-Treibern i965, Nouveau/Nvc0 und Radeonsi freigeschaltet und ist in einer Vorabversion von Mesa 12.0 jetzt testbar. Den größten Fortschritt erzielt dadurch der i965-Treiber, der zur gemeinhin "Intel" genannten Grafiktreiberfamilie gehört und viele Grafikprozessoren von Intel unterstützt. Der Treiber implementierte bislang nur OpenGL 3.3 vollständig, während die Treiber für AMD- und Nvidia-GPUs bereits seit letztem September OpenGL 4.1 unterstützen. OpenGL 3.3 bleibt aber das Maximum für die Grafikprozessoren in älteren Intel-Prozessoren, denn 4.3 beherrscht der Treiber nur bei den GPUs der Prozessorbaureihen Broadwell und Skylake; dabei handelt es sich um die beiden neuesten Generationen von PC-Prozessoren, die Intel unter anderem bei den Core-i-Prozessoren der 5000- und 6000er-Serie einsetzt. Solche erfordert auch der Vulkan-Treiber von Intel, der unter der Bezeichnung "Anvil" entwickelt wurde und eine weitere Neuheit von Mesa 12.0 darstellt.

Die größte Praxisbedeutung für Gamer hat der OpenGL 4.3-Support beim Radeonsi-Treiber. Er kommt bei den gemeinhin "Radeon" und "Amdgpu" genannten Grafiktreiberfamilien zum Einsatz und unterstützt die in den letzten Jahren gefertigten Radeon-GPUs. Viele von Ihnen liefern deutlich mehr 3D-Performance als Intel-GPUs, daher eignen sie sich eher für anspruchsvolle 3D-Spiele.

Mesa 12.0 enthält einige Änderungen, die die Performance bei Shadow of Mordor und anderen Spielen deutlich steigern kann, die Tessellation nutzen.

(Bild: Screenshot von Gmane.org )

Damit die noch besser laufen, haben die AMD-Entwickler auch noch einige Performance-Verbesserungen vorgenommen. Dadurch sollen nun beispielsweise Spiele flotter laufen, die Tessellation einsetzen. Das Testprogramm Heaven, das Tessellation stark nutzen kann, soll so deutlich höhere Bildraten in Benchmarks liefern. Ferner gab es einige Korrekturen, die Darstellungsfehler beseitigen. Durch diese Änderungen gibt es nun keine Darstellungsfehler mehr beim Spiel "Middle-earth: Shadow of Mordor", das zugleich von den Performance-Verbesserungen profitiert.

Wie üblich erfordert der Radeonsi-Treiber für einige dieser Verbesserungen ein LLVM mit einem verbesserten Amdgpu-Backend. OpenGL-4.3-Support gibt es nur mit einer Vorabversion von LLVM 3.9, das noch im Sommer erscheinen dürfte. Darüber hinaus bringt die Vorabversion von Mesa 12.0 auch Support für die Polaris-GPUs, die AMD noch im Juni vorstellen will; der Polaris-Support im Mesa-Treiber erfordert allerdings einen Amdgpu-Kernel-Treiber mit Polaris-Unterstützung, wie sie das Mitte Juli erwartete Linux 4.7 bieten wird.

Eine eher geringe Praxisbedeutung hat der OpenGL-4.3-Support für den Nouveau/Nvc0-Treiber von Mesa. Er gehört zur Nouveau-Treiberfamilie und unterstützt die Nvidia-GPUs der Generationen Fermi, Kepler und Maxwell. 4.3-Support gibt es aber nur bei den beiden erstgenannten GPU-Generationen, die auf dem Gros der GeForce-Karten der Baureihen 400 bis 700 stecken. Dort liefert der die Treiberfamilie aber ohnehin nur mäßige Performance. Viel Schuld daran trägt der Kernel-Treiber Nouveau: Grafikprozessor und -Speicher laufen bei ihm meist mit einer niedrigen Taktfrequenz, weil er viele GeForce-Modelle nicht in die schnelleren Betriebsmodi schalten kann oder es jedenfalls nicht automatisch tut.

Die OpenGL-4.3-Unterstützung in den drei Treibern ist gerade noch Bestandteil der ersten Vorabversion von Mesa 12.0 geworden, die Ende Mai erschienen ist. Die Version 12.0 sollte ursprünglich die Versionsnummer 11.3 tragen und dürfte noch im Juni erscheinen. Linux-Distributoren integrieren die neue Version oft kurz danach in ihre Entwicklungszweige, aus denen neue Distributionen hervorgehen; einzelne werden das neue Mesa auch als Update an ältere Distributionen ausliefern.

Dem Intel-Treiber fehlt nicht mehr viel zur Unterstützung von OpenGL 4.5.

(Bild: Screenshot von Mesamatrix.net )

Support für das aktuelle OpenGL 4.5 ist beim Intel-Treiber bereits in Sichtweite, denn der Treiber implementiert schon jetzt viele der dafür nötigen Funktionen. Es fehlt nur noch an Unterstützung für das bei 4.4 definierte GL_ARB_enhanced_layouts und das bei 4.5 spezifizierte GL_ARB_ES3_1_compatibility. Patches, die Unterstützung für diese OpenGL-Erweiterungen nachrüsten, wurden bereits auf der Liste der Mesa-Entwickler diskutiert, brauchen vor der Integration aber noch Feinschliff. Beim Nouveau/Nvc0- und Radeonsi-Treiber fehlt noch etwas mehr zum OpenGL-4.5-Support, aber auch nicht sonderlich viel. (thl)