RoboCup: Schwitzende Roboter und siegende Basets - spannende Roboterfußball-Finals

In Leipzig sind die RoboCup-Weltmeisterschaften zu Ende gegangen. In zahlreichen Wettbewerben traten Teams aus der ganzen Welt gegeneinander in verschiedenen Disziplinen an.

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RoboCup: Schwitzende Roboter und siegende Basets - spannende Roboterfußball-Finals
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske
Inhaltsverzeichnis

Zeitpläne werden bei einer RoboCup-Weltmeisterschaft in der Regel rasch über den Haufen geworfen. Auf dem Weg von einem Spielfeld zum anderen sieht man irgendetwas Interessantes oder kommt ins Gespräch und vergisst die Zeit. So kamen wir gestern auch zu spät zur Technical Challenge in der Adult Size der Humanoid League und konnten gerade noch sehen, wie der Roboter des iranischen Teams Baset aus der Bewegung einen Ball ins Tor kickte, der von einer schrägen Rampe aus verschiedenen Höhen herunter rollte. Beim Stabilitätstest hatten wir dann die Kamera parat: Hier wird mit einem Pendel getestet, wie gut der Roboter Stöße ausgleichen kann, ohne hinzufallen. Das klappte so gut, dass das Team einen zweiten Test mit größerer Stoßkraft forderte und bekam (siehe Video). Zuvor war der Roboter beim ersten Test der Technical Challenge vier Zentimeter hoch gesprungen und sicher gelandet.

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Dies war also der Finalgegner des Teams Sweaty (Hochschule Offenburg), das mit seinem Roboter 2014 erstmals bei einer RoboCup-WM angetreten und jetzt mit der zweiten Generation des Roboters nach Leipzig gekommen war. Der Name Sweaty soll übrigens darauf hindeuten, dass der Roboter tatsächlich schwitzt: Seine Motoren in den Kniegelenken werden vor dem Spiel Wasser mit daraufgesprühtem Wasser gekühlt. Große Chancen konnten sie sich mit Sweaty, der erst vor zwei Wochen seine ersten Schritte gemacht hat, aber nicht ausrechnen.

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Das Finale ging dann auch mit 1:0 nur scheinbar knapp aus. Sweaty kam kein einziges Mal an den Ball, während Baset jedes Mal den hinter ihm liegenden Ball fand und auch aufs Tor kicken konnte. Einmal schoss er jedoch aus der hinteren Hälfte heraus, ein anderes Mal kollidierte er mit einer der auf dem Spielfeld als Hindernis aufgestellten Säulen und musste aufgefangen werden. Zweimal traf er den Pfosten. Aber einmal rollte der Ball über die Linie und das reichte für den Weltmeistertitel.

Sweaty schwitzt wirklich: Zur Kühlung der Kniemotoren werden die blauen Stoffstreifen vor dem Einsatz mit Wasser besprüht.

(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Insgesamt waren die Spiele der Humanoid League diesmal wenig attraktiv für die Zuschauer, weil die Bedingungen für die Roboter durch den Kunstrasen und den Wegfall der Farbmarkierungen bei Toren und Ball erheblich schwerer geworden sind. Am besten kamen mit diesen Schwierigkeiten in der Kid Size die Teams ZJUDancer (China) und Rhoban (Frankreich) zurecht, wobei Rhoban das Finale mit Strafstößen knapp für sich entscheiden konnte. In der Teen Size zeigte das Team NimbRo mit seinen Robotern beeindruckende Sicherheit beim Laufen und holte sich sicher den Titel.

Ausgesprochen spannend war das Finale in der 2D Soccer Simulation. Hier gelang den Gliders (Australien) gegen Helios (Japan) erst kurz vor Schluss der Verlängerung der Siegtreffer zum 2:1. Oliver Obst hatte im Auftakt-Interview die Hoffnung geäußert, es endlich mal nach ganz oben auf das Siegertreppchen schaffen zu können. Entsprechend strahlte er jetzt. Das Spiel lässt sich hier anschauen.

Kurz vorm Anpfiff zum Finale der Standard Platform League: Die Roboter hinten mit den dunklen Trikots sind die Spieler von B-Human.

(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

In der 3D-Simulation gewann Austin Villa (USA) – "wie immer", bemerkte Wettbewerbsleiter Klaus Dorer. Keineswegs "wie immer" war der Einzug der Nao-Roboter von der University of Texas in Austin ins Finale der Standard Platform League gegen B-Human (Uni Bremen). Hier trennten in der ersten Halbzeit nur wenige Zentimeter die Bremer vom Führungstreffer: Der Ball lag kurz vor der Linie des gegnerischen Tors, mehrmals lief ein Spieler darauf zu – nur um im letzten Moment wieder zu stoppen und seitlich abzudrehen. Hier zeigten sich deutlich die Schwierigkeiten, den schwarzweißen Ball von der weißen Linie zu unterscheiden. Erst als ein Spieler sich von der Seite annäherte gelang es, den Ball über die Linie zu schieben – allerdings erst Sekundenbruchteile nach Ende der ersten Halbzeit. Auch nach der zweiten Halbzeit stand es weiterhin 0:0, sodass Strafstöße entscheiden mussten. Anders als gestern beim EM-Viertelfinale fiel diese Entscheidung dann aber sehr klar zugunsten von B-Human aus.

Bei der Amazon Picking Challenge gewann in beiden Kategorien Stow (von der Kiste ins Regal) und Pick (vom Regal in die Kiste) das Team von der Universität Delft, gefolgt von Team NimbRo (Uni Bonn) und MIT (USA) beim Stow und Team PFN (Japan) und NimbRo beim Pick. Für die Preisverleihung hatte Amazon die Leipziger CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla als Rednerin eingeladen. Kudla bedankte sich mit einer sehr roboterfreundlichen Äußerung: "Die Robotik hilft dabei, die Prozesse in der Logistik zu verbessern. Roboter ersetzen Menschen nicht, sie unterstützen sie und schaffen bessere Arbeitsplätze", behauptete sie.

Der krönende Abschluss des Turniers war aber wieder einmal das Finale in der Middle Size League. Das Spiel zwischen Tech United (Niederlande) und Water (China) verlief gewohnt knapp und spannend, ging beim Stand von 2:2 in die Verlängerung und mit 3:3 in die Strafstoßentscheidung. Es erinnerte ein wenig an das gestrige EM-Viertelfinale mit Tech United als dem spielerisch überzeugenderen Team, das aber jederzeit mit einem überraschenden Angriff von Water rechnen musste – aber am Ende gewann.

Alles in allem: Eine hervorragend organisierte RoboCup-WM mit einem großen Rahmenprogramm, die in Leipzig gut beworben wurde und gerade durch die starke Industriebeteiligung den Eindruck vermittelt, dass der RoboCup einen großen Schritt nach vorne gemacht hat. Für Spielerei – wie noch in früheren Jahren – hält diese Veranstaltung jetzt wohl niemand mehr. (uma)