Hochöfen ohne Koks

Bis Stahl verarbeitet werden kann, sind große Mengen Kohlendioxid entstanden. Es geht aber auch anders, wie ein Projekt in Skandinavien zeigt.

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Von
  • Hanns-J. Neubert

Bis 2040 will Schweden kohlendioxidfrei werden. Dazu möchte auch der Stahlkonzern SSAB beitragen, der größte CO2-Emittent des Landes. Seine Hochöfen blasen jedes Jahr knapp fünf Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Künftig will SSAB nun Wasserstoff statt Koks in seinen Hochöfen verwenden.

Als Abfallprodukt fällt dann nur Wasser an. Im Erz, wie es aus der Erde gefördert wird, liegt das Eisen als Verbindung mit Sauerstoff vor. Dieser Sauerstoff muss abgespalten werden. Der Koks in den Hochöfen dient nicht nur dazu, die nötige Hitze zum Schmelzen zu erzeugen; bei seiner Verbrennung entsteht außerdem Kohlenmonoxid, das den Sauerstoff aus dem Eisenerz an sich bindet und dann als Kohlendioxid in die Umwelt gelangt.

Bläst man dagegen reinen Wasserstoff in das flüssige Eisenerz, so verbindet er sich mit dem Sauerstoff aus dem Eisenoxid zu Wasser. Diese sogenannte Direktreduktion ist nicht neu, wird aber kaum angewendet. Der Grund: Sie benötigt zwar keine so hohen Temperaturen wie das Verfahren mit Koks, muss aber elektrisch beheizt werden. Und obendrein muss der nötige Wasserstoff erst energieaufwendig hergestellt werden.

Aber in Nordschweden sind die Voraussetzungen für den Prozess besonders günstig. In Kiruna fördert eine der zehn größten Eisenerzminen der Welt besonders reines Erz mit geringem Sauerstoffgehalt. Zugleich rauschen dort zahlreiche Flüsse aus den norwegischen Bergen ungebändigt in die Ostsee – und der Wind weht ungenutzt über die unbewohnten Schäreninseln vor der Nordküste.

Die reichlich vorhandenen Naturkräfte nutzte Schweden bisher kaum zur Stromerzeugung, weil die Leitungsverluste zu den mehr als tausend Kilometer entfernten Großstädten und Industriezentren im Süden zu groß wären. Nun will der staatliche Energiekonzern Vattenfall mit Wasser- und Windkraft den nötigen Strom für die Heizung der Eisenkocher sowie die Erzeugung der enormen Mengen an Wasserstoff liefern.

Für das Bergbauunternehmen LKAB mit seinen Erzminen in Kiruna entfielen teure Transportkosten, wenn sich die Eisenproduktion nach Norden verlagern würde. Auch andere Produzenten sind der Auffassung, dass der CO2-freien Eisen- und Stahlherstellung die Zukunft gehört: zum Beispiel der österreichische Stahlkonzern Voestalpine AG. Nur die deutsche Stahlindustrie ist noch der festen Überzeugung, dass sich ohne Kohlenstoff kein Roheisen gewinnen lässt.

In eineinhalb Jahren soll in Schweden die Vorstudie für die neuen Investitionen fertig sein. Danach soll die Technik in einer Pilotanlage so weit optimiert werden, dass die kommerzielle Produktion um 2030 beginnen könnte. (bsc)