Gericht: Inhaber eines Facebook-Accounts haftet für Missbrauch seines Kontos durch Dritte

Der Inhaber eines Facebook-Kontos haftet für beleidigende Inhalte, die Dritte über seinen Account äußern, urteilte das OLG Frankfurt am Main.

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Gericht: Inhaber eines Facebook-Accounts haftet für Missbrauch seines Kontos durch Dritte

(Bild: c't)

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Von
  • Joerg Heidrich

Der Inhaber eines Facebook-Kontos haftet für beleidigende Inhalte, die Dritte über seinen Account äußern. Der Kontoinhaber muss zudem 3000 Euro Geldentschädigung zahlen sowie Anwaltskosten übernehmen. Dies entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 21. Juli 2016 (Az.: 16 U 233/15).

In dem Verfahren ging es um Postings, die auf der von dem Kläger eingerichteten öffentlichen Pinnwand veröffentlicht wurden, um eine von ihm ausgerichtete gewerbliche Veranstaltung zu bewerben. Der Kontoinhaber hatte bestritten, die Postings selbst eingestellt zu haben. Er habe sich zu jener Zeit in seinem Facebook-Account ebenfalls über den Computer von Freunden oder Bekannten eingeloggt, wobei er mit den eigenen Zugangsdaten "recht sorglos" umgegangen sei. In der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz vor dem Landgericht Wiesbaden hatte er dennoch eine Unterlassungserklärung abgegeben und sich darin verpflichtet, die Äußerungen nicht zu wiederholen. Die von dem Kläger angestrebte Geldentschädigung sowie die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten hatte das Landgericht jedoch abgelehnt. Zu Unrecht, wie nun das Oberlandesgericht in der Berufung feststellte.

Danach sei in den Äußerungen ein so schwerwiegender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des "dem persischen Kulturkreis entstammenden" Klägers zu sehen, dass dieser eine Geldentschädigung beanspruchen könne. So stelle "die Vornahme einer sexuellen Handlung an der Mutter wie auch die Benennung eines primären Geschlechtsorgans der Mutter eine schwerwiegende Beleidigung des Angesprochenen dar". Außerdem sei bedeutend, dass die Äußerungen öffentlich über Facebook im Internet verbreitet wurden.

Für diese Äußerungen hafte der Beklagte als Inhaber des Facebook-Accounts auch als Täter. Hier seien die Grundsätze anwendbar, die der Bundesgerichtshof in der "Halzband"-Entscheidung für die Haftung des privaten Inhabers eines missbrauchten eBay-Mitgliedskontos aufgestellt hat. Danach muss der Inhaber eines eBay-Accounts, der seine Zugangsdaten nicht hinreichend vor fremdem Zugriff gesichert hat, sich so behandeln lassen, als habe er selbst gehandelt.

Jemand, der seine Kontaktdaten nicht unter Verschluss gehalten hat, sorgt dafür, dass Unklarheiten darüber entstehen können, welche Person unter dem Mitgliedskonto gehandelt hat. Hieraus ergebe sich eine generelle Verantwortung und Verpflichtung, seine Kontaktdaten so unter Verschluss zu halten, dass niemand an sie gelangen kann. Dies gelte auch für Facebook. Insbesondere komme auch einem solchen Account eine mit einem eBay-Konto vergleichbare Identifizierungsfunktion zu, es sei einem konkreten Nutzer zugeordnet. So sei die Anmeldung eines Mitgliedskontos nur natürlichen Personen erlaubt, wobei jede Person nur ein einziges persönliches Konto einrichten darf. Der Account sei auch nicht übertragbar, ohne vorher die schriftliche Erlaubnis von Facebook einzuholen.

Damit sei es unerheblich, ob der Beklagte die Postings selbst bei Facebook eingestellt hat oder hat einstellen lassen, noch ob er veranlasst oder geduldet hat, dass die Zugangsdaten von anderen verwendet wurden. Maßgebend sei allein, dass der Beklagte nicht hinreichend dafür Sorge getragen hatte, dass Dritte – insbesondere seine Freunde und Bekannte – nicht auf die Zugangsdaten und das Passwort seines Mitgliedskontos zugreifen konnten.

Der Beklagte hatte vorgebracht, es "entspreche jugendtypischen Verhaltensweisen, soziale Netzwerke im Internet in räumlicher Anwesenheit zu verwenden, wobei die Accounts sozialer Medien frei zugänglich gemacht oder gar ausgetauscht würden". Wenn dem so wäre, stünde dies in klarem Widerspruch zu den allgemeinen Nutzungsbedingungen von Facebook, meint das OLG.

Das Oberlandesgericht hat die Revision gemäß Paragraf 543 der Zivilprozessordnung (ZPO) zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine höchstgerichtliche Entscheidung erfordere. (anw)