Zwei Jahre digitale Agenda: "Cloud hört sich an wie Stehlen"

Die drei federführenden Minister der digitalen Agenda sind sich einig, dass das Prinzip der Datensparsamkeit weg muss. Das Thema Datensicherheit sei eines der großen Digitalisierungshemmnisse für kleine und mittlere Unternehmen.

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Thomas de Maizière, Sigmar Gabriel und Alexander Dobrindt

Thomas de Maizière, Sigmar Gabriel und Alexander Dobrindt bei eco.

(Bild: heise online, Stefan Krempl)

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Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Infrastrukturminister Alexander Dobrindt (CSU) haben auf dem Treffen des eco-Verbands am heutigen Dienstag die digitale Wirtschaft kritisiert. Schon bei der Öffentlichkeitsarbeit habe die IT-Branche den Dreh noch nicht raus, fand Gabriel: "Cloud hört sich schon so an wie Stehlen." Da mische sich die NSA und der Staat mit ein oder die Tatsache, dass die Server oft in anderen Ländern stünden. Viele hätten daher Angst, nicht mehr Herr ihrer eigenen Geschäftsmodelle zu bleiben.

Generell sei das Thema Datensicherheit eines der großen Digitalisierungshemmnisse für kleine und mittlere Unternehmen. Eine deutlich bessere Karriere habe die "Industrie 4.0" gemacht, auf die sich heute auch die Chinesen oder Japaner als Standard und Plattform bezögen.

"Eine Cloud hat keine sichere Grenze", griff de Maizière den Gedanken auf. Es sei nicht zu sehen, wo die Wolke "anfängt oder aufhört". Auch "Big Data" höre sich per se nicht nach einer guten Sache an. Besser sei es, von "Smart Data" zu reden. Generell bat der Innenminister die Industrie, "schlauere Begriffe zu finden". Sonst sagten sich immer mehr Verbraucher, "was soll der Kram, der ist sowieso unsicher".

"Der in Deutschland ausgeprägte Begriff von Datenschutz trägt nicht mehr", knüpfte Gabriel an seine Ausführungen auf dem jüngsten nationalen IT-Gipfel an. Bei der fehlgeleiteten Idee gehe es darum, die Verarbeitung personenbezogener Informationen zu minimieren. Nötig sei dagegen eine stärkere "Datensouveränität". Die sei aber wohl nicht hinzubekommen, wenn künftig die 28 Datenschutzbeauftragten der EU-Staaten die neue Datenschutzverordnung auslegten.

"Ich merke mir den Gedankengang", bedankte sich de Maizière für die Steilvorlage. "Daten per se sind heute nichts Böses", fügte Dobrindt an. "Sie bedeuten die Wertschöpfung der Zukunft, unser Wohlstand hängt davon ab." Dobrindt plädierte daher für einen "kreativen Datenreichtum statt Datensparsamkeit". Sonst verkämen Deutschland und Europa zu einer "kleinen Datenkolonie der Asiaten und der Amerikaner".

Das Innenministerium sei vor der Agenda bei vielen Gesetzesvorschlägen hinterher "mit der Spaßbremse" in Punkto Sicherheit gekommen, räumte de Maizière ein. Mittlerweile sei das Haus von vornherein bei Digitalvorhaben mit eingebunden und könne so eher sagen, was wie funktionieren könnte. Die IT-Sicherheitspolitik habe sich mit dem dazugehörigen Gesetz zum Standortvorteil entwickelt, auch wenn die Verwaltung bei öffentlichen Digitaldiensten noch hinterherhinke.

Die "durchgehende Verschlüsselung" insbesondere bei Messenger-Apps bezeichnete der Innenminister als "gut und richtig". Auch die Bundesregierung wolle, "dass wir nicht abgehört werden von anderen Staaten". Dafür sei eine "sichere Kommunikation" nötig. Die Technik dürfe aber "nicht darüber entscheiden, ob Strafverfolgung stattfindet". Sicherheit müsse nicht nur durch, sondern auch "trotz Verschlüsselung" erreicht werden können.

Die Lösung, "einfach eine Backdoor" in Produkte einzubauen, "wollen wir nicht", stellte de Maizière klar. Er verteidigte daher den von ihm ins Spiel gebrachten Weg, mithilfe einer "Zentralen Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich" (Zitis) Behörden das Knacken von Verschlüsselung zu erleichtern. Unter rechtsstaatlichen Bedingungen müsse analog zum Telefon auch Internetkommunikation abgehört werden können. Zitis solle in diesem Bereich "forschen und entwickeln" und die Ergebnisse einzelnen Sicherheitsbehörden zur Verfügung stellen.

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(anw)