Foto-Zensur: Facebook dankt für Kontroverse um Löschung von historischem Vietnamkrieg-Foto

Facebook zensierte ein historisches Foto aus dem Vietnamkrieg und bedankt sich nun bei einer Kritikerin der Zensur, die das Unternehmen zum Umdenken bewegte – der norwegischen Ministerpräsidentin.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 94 Kommentare lesen
Facebook dankt für Kontroverse um Löschung von historischem Foto

Erst wurde Solbergs Eintrag mit Foto gelöscht, dann tauchte er mit Schwärzungen wieder auf

(Bild: Facebook/ Erna Solberg)

Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

Facebooks Geschäftsführerin Sheryl Sandberg hat sich bei der norwegischen Ministerpräsidentin Erna Solberg mit einem Brief dafür bedankt, dass sich die Politikerin gegen die Zensur eines berühmten Fotos aus dem Vietnamkrieg in dem sozialen Netzwerk gewandt hat. Sandberg hat an Solberg geschrieben: "Danke für die wichtigen Fragen, die Sie in Bezug auf das Foto von Phan Thi Kim Phúc aufgeworfen haben." Sandberg räumte ein, dass das Foto von 1972 eine globale und historische Bedeutung habe. "Danke für Ihre Hilfe, die Sache richtig zu stellen."

Ministerpräsidentin Solberg hatte sich mit einem Facebookpost darüber beschwert, dass Facebook einen Bericht der Zeitung "Aftenposten" gelöscht hatte, weil dort das Foto eines Mädchens, das im Vietnamkrieg nach einem Napalmangriff schwer verbrannt und nackt auf einer Straße lief, eingebunden war. Ironischerweise handelte der Artikel der Aftenposten sogar davon, dass der norwegische Schriftsteller Tom Egeland zuvor von dem sozialen Netzwerk ausgeschlossen wurde, da er dieses Foto und sechs weitere Kriegsbilder auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hatte.

Facebook kontaktierte den Chefredakteur der Aftenposten, Espen Egil Hansen, damit die Zeitung den Eintrag lösche, schritt nach weniger als 24 Stunden aber selbst ein und entfernte das Posting. Das Foto des nackten Mädchens habe gegen die Richtlinien des sozialen Netzwerks verstoßen, hieß es.

Nach einer öffentlichen Beschwerde Hansens hatte Ministerpräsidentin Solberg das Foto aus Solidarität ebenfalls in dem sozialen Netzwerk veröffentlicht. Auch dort wurde das Foto kurze Zeit später entfernt. Seit das Foto wieder auf der Facebook-Seite der Politikerin zu sehen ist, kann aber nur eine teilweise geschwärzte Form des Bildes betrachtet werden. Solberg forderte das Unternehmen auf, seine Redigierpolitik zu überdenken.

Es sei zwar gut, dass sich das soziale Netzwerk gegen Kinderpornographie wende, allerdings dürfe Facebook deshalb nicht seine eigene Rolle als Nachrichtenplattform vergessen, erklärte die Politikerin. Facebook limitiere durch das Löschen einiger Inhalte die Redefreiheit, das Recht Dinge zu kritisieren und zu hinterfragen und auch die Demokratie. Außerdem würden viele junge Menschen soziale Netzwerke als Nachrichtenquelle nutzen und könnten durch einen von den Großkonzernen allzu gelenkten Newsfeed einen verfälschten Eindruck vom Weltgeschehen erhalten.

Die Algorithmen der sozialen Netzwerke könnten dazu führen, dass Jugendliche nicht mehr mit den "wahren Problemen" der Welt konfrontiert würden. Facebook solle deshalb die Geschichte durch seine Eingriffe nicht verdrehen oder verzerren – mit der Löschung des Fotos habe das Unternehmen hierzu einen Beitrag geleistet.

Facebook reagierte auf die Proteste und teilte am Freitagabend in der vergangenen Woche mit, dass es die Veröffentlichung des Bildes zulassen werde. In Beiträgen, die nach dem Vorfall geteilt wurden, ist das Foto nun wieder ungeschwärzt zu sehen. Über die persönliche Danksagung des Unternehmens zeigte sich Solberg bei Twitter erfreut, stellte dort aber klar, dass nach wie vor wichtige Fragen offen seien. (mit Material der dpa) / (kbe)