Robinson The Journey: Crytek gibt Einblicke in VR-Spiel

SOS im Weltall: Nach einem Raumschiffabsturz muss Held Robin auf einem Dschungelplaneten hungrige Dinosaurier und andere Gefahren meistern. Mit dem VR-Abenteuer wollen die Grafikexperten von Crytek neue Wege einschlagen.

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Robinson The Journey

(Bild: Crytek)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Roland Austinat
Inhaltsverzeichnis

Das deutsche Entwicklungsstudio Crytek hat sich mit 3D-Shootern wie Far Cry und der Crysis-Reihe einen Namen für technisch ausgefuchste Spiele gemacht. Auch bei VR wollen die Frankfurter ganz vorne dabei sein: Neben der Klettersimulation The Climb entsteht bei Crytek derzeit das Action-Adventure Robinson: The Journey für PlayStation VR. Es soll zum Start von Sonys VR-Headset fertig sein, Oculus-VR- und HTC-Vive-Fassungen sollen später folgen. Wir durften uns bei einem Ortstermin in San Francisco neue Szenen des Abenteuers anschauen und Executive Producer Elijah Freeman Löcher in den Bauch fragen.

Robinson: The Journey (5 Bilder)

Erinnert nicht von ungefähr an die TV-Serie Lost: Das Basislager des schiffbrüchigen Jungen Robin.
(Bild: Crytek)

Der Name des Spiels ist Programm: Der junge Robin lebt auf einem Raumschiff, das aus unklaren Gründen auf einem dicht bewaldeten Planeten abstürzt. Robin kann in einer Rettungskapsel entkommen und muss nun seine neue Umgebung erkunden, in der sich wie in Michael Crichtons Jurassic-Park-Büchern jede Menge Dinosaurier tummeln. Ganz allein ist Robin nicht. Statt Freitag steht ihm der schwebende Kugelroboter Higs mit hilfreichen Tipps und altklugen Sprüchen zur Seite. Robins zweite Gefährtin Laika ist allerdings keine Schäferhündin, sondern eine waschechte Raptor-Dame, die per Knopfdruck herbeieilt beziehungsweise zu einem angepeilten Punkt hechtet.

Ungewöhnlich, gerade für Crytek: Waffen gibt es in Robinson: The Journey keine. Stattdessen muss Robin die Umgebung seinen Gunsten einzusetzen. Einen vegetarischen Riesensaurier, der ihm den Weg versperrt, lockt er beispielsweise mit einer frischen Frucht davon: Sie purzelt nach einem beherzten Wurf mit einer Konservendose von einem nicht minder riesigen Baum hinunter. Mit einem Antischwerkraftstrahl schiebt Robin Kisten beiseite oder repariert technische Gerätschaften.

Ein Amerikaner in Frankfurt: Executive Producer Elijah Freeman arbeitet bei Crytek an Robinson: The Journey.

(Bild: Roland Austinat)

Die Auflösung des PlayStation-VR-Headsets liegt mit 1920 mal 1080 Bildpunkten etwas unter der von Rift und Vive (2160 mal 1200 Bildpunkte). Doch weil Sony ein OLED-RGB-Display verwendet, ist der berüchtigte Fliegengittereffekt kaum zu spüren: Robins Fluchtkapsel und das Landegebiet sehen so lebensecht aus, dass man am liebsten jeden Stein umdrehen möchte. Das ist durchaus sinnvoll, denn neben der Hauptgeschichte gibt es zahlreiche Nebenaufgaben. So kann Robin in einem Bach Fische fangen und diese dann in einer Aufbereitungsanlage zu Nahrung verarbeiten oder eine lädierte Vogelscheuche reparieren, um Flugsaurier abzuschrecken.

Außerdem lassen sich Flora und Fauna mit einem Scanner unter die Lupe nehmen. Dazu müssen sämtliche auf einem Zielobjekt abgebildete grünen Punkte mit einem Lichtstrahl erfasst werden – aber nicht die roten, sonst geht es von vorne los. Anschließend erscheint etwa ein Saurier oder ein Schmetterling in Robins Logbuch. Das Scannen erfordert mitunter Geschick, denn manche Lebewesen denken nicht daran, für uns still zu halten. Köpfchen ist hingegen gefragt, wenn es beispielsweise darum geht, einen mit Wasserkraft betriebenen Generator an diverse elektrischer Verbraucher anzuschließen.

Robinson: The Journey soll eine etwa fünf Stunden lange Entdeckungsreise bieten. Die haben die Entwickler grob in Abschnitte von etwa 15 Minuten unterteilt, um etwaiger VR-Ermattung vorzubeugen. Allerdings darf man an sehr vielen Orten beliebig lange verweilen, um Nebenaufgaben zu lösen und das Logbuch zu füllen. "Unsere Tester bleiben im Schnitt etwa zwei Stunden in der Spielwelt, ohne dass sie sich unwohl fühlen", berichtet Elijah Freeman. Das verdankt das Spiel auch der guten Steuerung, die auf die Kombination von Headset und PS4-Gamepad setzt. Kopfbewegungen richten die Kamera aus, mit dem linken Gamepad-Stick geht's nicht zu rasant durch den Urwald und mit dem rechten dreht sich Robin in Sekundenbruchteilen mit einem frei definierbaren Winkel um die eigene Achse.

Im Vergleich zu Resident Evil 7, bei dem uns auf der E3 etwas mulmig wurde, steuert sich Robinson: The Journey wirklich prima. Selbst nach einer knappen Stunde im Urwald zeigten sich keine Anzeichen von Kinetose. Auch Kletterpartien in schwindelnd hohe Baumwipfel geraten weniger schweißtreibend als in The Climb, weil der dichte Dschungel und dessen Bewohner die Sicht nach unten etwas versperren. "Ich bin bei uns im Studio immer das Versuchskaninchen für neue Bewegungsmodi – weil ich am schnellsten seekrank werde", sagt Freeman. "Wer mag, kann aber auch eine längere Bewegung vor dem 'Drehsprung' oder gar eine komplett lineare Drehung freischalten."

Robinson: The Journey demonstriert, dass es sehr wohl VR-Spiele gibt, die in Sachen Umfang und Tiefe an 2D-Titel herankommen. "Der größte Unterschied zu herkömmlichen Spielen: PSVR verlangt 60 beziehungsweise 120 Bilder pro Sekunde, um sie an die Kopfposition des Spielers zu projizieren", sagt Elijah Freeman. Bleiben dabei noch genug Rechenzyklen für das eigentliche Spiel übrig, oder leidet die Dino-KI, wenn der Urwald so lebensecht wie möglich aussehen soll? "Wir müssen uns in der Tat mehr Gedanken darum machen, weil unser Spiel weniger linear als vielmehr ein großer Sandkasten ist", antwortet Freeman. "Dabei helfen uns unsere Programmierer, die uns immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen – etwa, wenn wir ihnen vermitteln wollen, dass vierfaches Anti-Aliasing doch viel schöner aussehen würde."

Der heimliche Star des Spiels? Der Urwald des rätselhaften Planeten, auf dem Robin schiffbrüchig geworden ist. Ein wenig erinnert die Mischung aus Urzeit und High-Tech an die TV-Serie Lost. Auch in der versteckten die Autoren jede Menge Rätsel und Andeutungen, die sowohl die Hauptfiguren als auch die Zuschauer zu entschlüsseln suchten. Das wäre doch noch etwas: ein VR-Spiel im Episodenformat. Elijah Freeman zwinkert: "Nicht wahr? Das würde uns auch sehr gut gefallen." (hag)