Bahrain und die wahabitische Putzhilfe

Die Hauptstadt Manama ist nach Meldungen der bahrainischen Armee wieder "verbrecherfrei"

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Die bahrainische Armee (BDF) sieht in der heutigen Räumung des Perl-Platzes in der Hauptstadt Manama und in den militärischen Operationen am und im Krankenhaus Salmaniya Medical Complex (SMC) einen sauberen Erfolg: „Die bahrainische Polizei, die National Garde und die Armee haben erfolgreich den Platz und das Krankenhaus von kriminellen Outlaws gesäubert“, heißt es im kurzen Statement der BDF. Dabei wird natürlich eine ganze Menge ausgeblendet.

Zuallererst, dass die Demonstranten auf dem Perl-Roundabout-Platz, die im BDF-Sprachgebrauch zu Kriminellen werden, unbewaffnet waren. Dass sie mithilfe von Hubschraubern und Panzern, dem Einsatz von augenscheinlich sehr intensiv wirkendem Tränengas („Never have seen people so badly affectet by teargas“, so ein Arzt) und mutmaßlich auch mit Hilfe von Schusswaffen vom Perl-Roundabout (auch "Lulu") genannt, dem Platz, den sie wochenlang besetzt hielten, vertrieben wurden. Das rigide Vorgehen der bahrainischen Sicherheitstruppen geschieht, nachdem am Montag saudi-arabische Truppen und Soldaten aus den Vereinigten Emiraten zu Hilfe kamen, um Ordnung und innere Sicherheit zu gewährleisten (siehe dazu auch Die Befreiung Bahrains durch saudi-arabische Soldaten).

Ausgeblendet wird außerdem, dass die Verletzten, die sich ins Krankenhaus flüchten konnten oder dorthin verbracht wurden, nach Augenzeugenberichten bis in die Krankenzimmer verfolgt wurden, angeblich von bewaffneten Gangs und Sicherheitsbeamten in Zivil. Zeugenaussagen, die CNN zitiert, sprechen davon, dass Sicherheitskräfte das SMC-Krankenhaus eingekesselt und anschließend regelrecht gestürmt und Ärzte geschlagen hätten.

Al-Jazeera, das sich auf Quellen im Krankenhaus bezieht, berichtet von zwei toten Demonstranten und Hunderten von Verletzten infolge der Offensive der Sicherheitskräfte. Schon zuvor berichten fassungslose Ärzte in einem al-Jazeera-Video von schockierenden Zuständen. Dazu kommt, dass auch in der Peripherie Manamas, in Sitra und in Dörfern der Umgebung Massaker angerichtet wurden

Es gebe keine moralische Gleichwertigkeit zwischen dem Gebrauch der Gewalt von Staatsseite und der Selbstverteidigung, zu der die Demonstranten gezwungen seien. Alle Medien würden diesem Punkt nicht gerecht werden, so der Twitterkommentar des oppositionellen Bahrain Online. Es gilt auch den Tod von drei Polizisten zu erklären. Leicht ist das nicht, weil in Bahrain mit propagandistischen Mitteln gearbeitet wird. So erklärt die Regierungsseite, dass die Video-Berichte aus den Krankenhäusern gefälscht seien, „schockierende“ und herzzerreißende Manipulation. Und die Gegenseite, Bahrain Online, verlinkt auf ein Foto, das den Autor des Manipulationsvorwurfs zusammen mit angeblichen „Prügel-Schergen der Regierung“ zeigt.

Während die Regierung den Aufstand als unterwandert von Kriminellen und als vom Ausland gesteuert – Iran – darstellt, bestehen Stimmen aus dem Lager der Opposition darauf, dass die Animositäten zwischen Schiiten und Sunniten von der Regierung erst geschaffen wurden und politisch instrumentalisiert werden. Der zu diesem Argument gehörige Slogan „Not Schi'i, no sunni, just bahraini“ ist Ausdruck des pazifistischen Teils der Demonstranten, die eng mit Menschenrechtsgruppen verbunden sind. Doch gibt es auch andere Fraktionen. Dass die Protestbewegung von Fraktionen mit besonderen Machtinteressen gehijackt wurde (wie in Libyen), kann nicht ausgeschlossen werden. Die Opposition in Bahrain wird wesentlich von Schiiten bestimmt - und dass es unter diesen welche gibt, die mit Iran in besonderen Beziehungen stehen, ist nach dem, was man im Irak erfahren hat, eine realistische Annahme.

Mit der Eskalation der Gewalt, für welche die bahrainische Führung von Anfang an wesentlich verantwortlich ist, sind die demokratischen politischen Forderungen der Protestbewegung – eine bessere Verfassung, mehr Mitbestimmung, Parlamentswahlen, konstitutionelle Monarchie – völlig diskreditiert worden und praktisch unter den Tisch gefallen. Der Umgang mit der Opposition verrät allein schon in den Sprachregelungen der bahrainischen Herrscher, was sie von dergleichen Aufbegehren gegen die väterliche Fürsorge halten – nichts bis wenig.

Mit dem Setzen auf den religiösen Aspekt, auf den Konflikt „Schiiten versus Sunniten“, der durch das Hilfsgesuch an die sunnitischen Golfstaaten und den großen sunnitischen Bruder Saudi-Arabien verschärft wurde, expandiert die Krise in Bahrain in das große Spannungsfeld, das sich im Konflikt mit Iran aufgebaut hat. Dass damit zum Beispiel auch die irakischen Schiiten, wie Muktada as-Sadr sich aufgerufen fehlen, zeigt, welches Spektrum an Auswirkungen das haben kann. Irans Parlamentssprecher Ali Laridschani ließ Bahrain schon mal wissen, dass die „militärische Intervention, die auf Order der USA geschehen“ sei, kosten könnte.

Mit welchen Tauschgeschäften und Händel der Einmarsch der saudischen Truppen verbunden sein könnte, darauf verweist der ehemalige britische Botschafter in Usbekistan und jetzige Blogger Craig Murray:

A senior diplomat in a western mission to the UN in New York, who I have known over ten years and trust, has told me for sure that Hillary Clinton agreed to the cross-border use of troops to crush democracy in the Gulf, as a quid pro quo for the Arab League calling for Western intervention in Libya.