Eine neue spanische Bankenrettung

Im neuen Madrider Sparpaket wird die Mehrwertsteuer auf neue Immobilien auf 4% gesenkt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Maßnahmen zur Bankenrettung in Spanien sind kaum noch zu zählen. Nun kommt nach der zweiten Sparkassenreform, die erneut Milliarden verschlungen hat, erneut eine versteckte Hilfe. Nachdem die allgemeine Mehrwertsteuer erst auf 18% angehoben wurde, wird sie nun auf neue Immobilien auf 4% wieder halbiert. Damit sollen die Banken mit staatlicher Hilfe die Wohnungen versilbern können, die sie in großer Zahl in den Bilanzen haben. Erneut werden damit Steuergeschenke an gut Betuchte verteilt - und spanisch geht es auch bei der Steuerreform zu.

Am Freitag hatte es das Kabinett beschlossen und schon am Dienstag wurde das Dekret im Parlament behandelt. Die Mehrwertsteuersatz für Neu-Immobilien soll nun auf 4% gesenkt werden. Dass die vorrübergehende Steuersenkung (für vier Monate) beschlossen wird, also praktisch bis zu den vorgezogenen Neuwahlen am 20. November gilt, daran besteht kein Zweifel. Die konservativen Nationalisten aus dem Baskenland (PNV) und von den Kanarischen Inseln (CC) hatten der sozialdemokratischen Minderheitsregierung im Vorfeld ihre Unterstützung versichert.

Die Maßnahme wurde überraschend in das Sparpaket mit einem Volumen von knapp fünf Milliarden Euro eingebaut. Einsparungen solle es unter anderem im Gesundheitsbereich geben. Dazu soll über eine Steuerreform mehr Geld in Kassen gespült werden. Die Steuersenkung auf Immobilien ist besonders umstritten, da davon nur neue Häuser oder Appartements profitieren. Der ohnehin verringerte Steuersatz auf Wohnungen wird also erneut halbiert, obwohl sonst wegen der Haushaltskonsolidierung an allen Ecken und Enden gespart wird (Auch das Sozialgeld wird in Spanien gekürzt). Zudem werden, um die Einnahmeseite zu verbessern, insgesamt seit zwei Jahren allgemein Steuern und Abgaben erhöht. So war 2009 die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte auf 18% angehoben worden.

Damit wurden einfache Familien besonders getroffen, die schon von einer Arbeitslosenquote von offiziell fast 21% geplagt sind. Sie verlieren deshalb oft ihre Wohnungen, weil sie Hypotheken nicht mehr bedienen können. Es hat ihnen nichts gebracht, sich auf Lebenszeit zu verschulden. Mit dem absurden spanischen System haben jetzt viele Familien keine Wohnung mehr, sitzen aber auf der Hälfte der Kreditschuld, weil die Hypothek, anders als in den USA, nicht mit der Schlüsselübergabe an die Bank beglichen wird.

Deshalb widmen sich immer mehr der "Empörten" der Aufgabe, die Zwangsräumungen zu verhindern. Sie fordern, wenigstens das US-System einzuführen, um den Familien einen Neustart zu ermöglichen. Doch für die gestressten Familien, die zum Teil in bittere Armut abgerutscht sind, sieht auch das neue Paket keine Unterstützung vor. Dafür beträgt bei einem Durchschnittswert von über 200.000 Euro einer Immobilie die Ersparnis immerhin 8.000 Euro, die zudem dem Fiskus verloren gehen. Ob nun die angepeilte Summe von 4,9 Milliarden Euro noch zustande kommt, darf bezweifelt werden.

Noch fraglicher ist aber die Behauptung von Finanzministerin Elena Salgado, dass mit der Steuersenkung die Bauwirtschaft belebt wird, schließlich sind diese Wohnungen längst gebaut. Ob das Wachstum gesteigert wird, wenn man die einfache Bevölkerung immer stärker besteuert und Steuergeschenke an die vergibt, die das Geld für eine neue Wohnung haben, darf auch bezweifelt werden. Angesichts der restriktiven Kreditvergabepolitik der Banken kommen derzeit in Spanien sogar Durchschnittsverdiener mit zwei Einkommen kaum noch an einen Kredit für eine Wohnung. Erstaunlich ist, dass derlei Schritte von einer Regierung kommen, die von einer sozialistischen Partei (PSOE) geführt wird.

Es ist ganz offensichtlich, dass erneut die strauchelnden Banken und Sparkassen gestützt werden sollen. Ginge es um die Belebung des Bausektors und um Beschäftigung, hätte man auch Wohnungen aus zweiter Hand begünstigt oder Steuersenkungen für Renovierungsarbeiten vorgenommen, wie es die Vereinigung der Freiberufler (UPTA) gefordert hatte. Die UPTA kritisiert, von der Maßnahme "profitieren nur einige Immobilienfirmen im Konkursverfahren". Sie habe dagegen keinerlei Auswirkungen darauf, die Beschäftigung im Bausektor zu sichern oder auszuweiten.

Die UPTA erwähnt aber nicht, dass es vor allem um die Rettung von Kreditinstituten geht. In deren Büchern lastet ein großer Teil der leer stehenden Wohnungen, von denen es nach Schätzungen bis zu einer Million geben soll. Sie verlieren seit drei Jahren immer weiter an Wert und reißen immer tiefere Löcher in die Bilanzen, weil sich Banken und Sparkassen in der Immobilienblase verspekuliert oder unsinnige Projekte finanziert haben. Deshalb sollen die Wohnungen und Häuser nun schnell mit staatlicher Hilfe versilbert werden.

Die Regierung überlegt vor den Wahlen die abgeschaffte Vermögenssteuer wieder einzuführen

Anders als gerne behauptet, sind die Banken und Sparkassen schwer angeschlagen, die auch über Kreditausfälle in Rekordraten zu klagen haben. Die Ausfallquote lag im Juni bei über 6,4%, hat die Zentralbank gerade mitgeteilt. Kredite in einer Höhe von 117 Milliarden Euro sind demnach nach Angaben der Banco de España "faul". Vertrauen schafft nicht gerade, dass die Zentralbank seit Juli, als die Quote für Mai bekanntgeben wurde, erstmals nicht mehr zwischen Banken und Sparkassen aufgeschlüsselt hat. Im April lag die Quote der Banken bei 6,4%, während die der Sparkassen bei 6,25% lag. Im Testergebnis spiegelt sich das erneut nicht wieder. Zwar wird gerne von gefährdeten Sparkassen gesprochen, dabei hatten spanische Banken schon vor gut einem Jahr bei Kreditausfällen zu den Sparkassen aufgeschlossen und sie seither deutlicher abgehängt. Eine Bank hatte nicht einmal den laschen Stresstest bestanden und etliche kamen nur sehr knapp über die Hürde (Ein Stresstest, der auf keinen Stress testet).

Es handelt sich bei den Maßnahmen insgesamt um einen verzweifelten Versuch von (noch) Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero und seiner (noch) Finanzministerin, Stabilität in den Finanzsektor zu bekommen. Beide treten zu den Wahlen im November nicht mehr an. Das zeigt sich auch an der Steuerreform, die mit dem Dekret beschlossen wurde. Firmen, die, wie die große Telefonica, wegen ihrer marktbeherrschenden Stellung weiterhin Milliardengewinne machen, sollen nämlich nicht mehr Steuern zahlen. Sie sollen gemäß der Reform dem Staat nur erwartete Steuerzahlungen vorstrecken, damit Spanien 2011 das vereinbarte Defizitziel erfüllen kann. Dieses Geld fehlt dann aber 2012.

Da wäre es schon sinnvoller, die Vermögenssteuer schnell wieder einzuführen, wie die Regierung populistisch vor den Wahlen nun in Erwägung zieht. Dabei hatten die Sozialdemokraten diese Steuer, die ihr noch 2007 mehr als 2,1 Milliarden Euro eingebracht hatte, genau zu Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 abgeschafft. Mit diesem Geld wäre das Haushaltsdefizit aber nicht explodiert. Ob sie diese Steuer noch vor den Wahlen durchbringen kann oder will, ist sehr fraglich. Es handelt sich bei dem Vorstoß eher nur darum, enttäuschten Wähler der Linken zu umwerben.

Ob mit dem Schlingerkurs die Turbulenzen an den Finanzmärkten beendet werden, darf auch bezweifelt werden. Da hilft auch nichts, wenn Zapatero am Dienstag angekündigt hat, die von Deutschland geforderte Schuldenbremse in der Verfassung verankern zu wollen. In den letzten Wochen hatten sich die Zinsen für spanische Staatsanleihen deutlich auf die Absturzmarke von 7% zubewegt. Nur mit den umstrittenen Aufkäufen von spanischen Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) kann der Risikoaufschlag zu Bundesanleihen niedriger gehalten werden (35279