Post aus Japan: Blutige Identifikation

Fingerabdrücke haben sich inzwischen als Sesam-öffne-dich für Smartphones durchgesetzt. Technik aus Japan erhöht nicht nur die Sicherheit durch Venenerkennung, sondern ermöglicht auch die biometrische Erfassung von Säuglingen.

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Von
  • Martin Kölling
Inhaltsverzeichnis

Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich meinen Respekt vor Fingerabdrücken als Identifikator verloren habe. Ich recherchierte einen Artikel über ausgestiegene Yakuza-Gangster. Und für viele Ex-Mitglieder war der Erwerb einer Fingerprothese ein wichtiger Schritt auf dem Weg zurück in die bürgerliche Normalität. Denn viele mussten sich einen oder mehrere Kuppen als Sühne für Fehltritte abschneiden. Also gab es auch eine Firma, die aufsteckbare Silikonfinger produzierte. Und die Spitzenmodelle kamen sogar mit eingravierten Fingerabdrücken daher. Meine Lehre: Traue keinem Fingerabdruck.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Dies hat zwar meine Freude über den Fingerabdruckleser auf meinem iPhone nicht gemindert. Doch für wirklich sicher halte ich die Technik nicht – und meine Bank im Übrigen auch nicht. Schon seit Jahren bietet sie an Geldautomaten an, dass wir Kunden uns über Handvenenscans identifizieren.

Der Vorteil dieser Technik liegt auf, oder besser in der Hand. Ein Fingerabdruckscanner scannt quasi Linien. Ihn kümmert nicht, ob die irgendwie aufgedruckt sind oder zu einem abgeschnittenen Finger gehören. Ein Handvenenscanner erfordert immerhin, dass die Hand noch von Blut durchflossen wird, was die Sicherheit erhöht.

Die Firma Hitachi hat nun eine Technik vorgestellt, die das gleiche mit den Venen in Fingern und einer normalen Smartphonekamera schafft. Im Gegensatz zu bisherigen Infrarotscans wird nicht nur ein Finger eingelesen, sondern vier. Dies erhöht nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Trefferquote, behauptet Hitachi. Denn das System schaltet das Gerät frei, wenn es zwei der vier Finger erkennt. In ein bis zwei Jahren soll die Idee marktreif sein.

Dass der Fingerabdruck dennoch nicht ausgedient hat, macht Hitachis Lokalrivale NEC mit einer Weltneuheit deutlich. Zusammen mit der Universität Michigan hat der Technikkonzern einen Fingerabdruckscanner für Neugeborene und Kleinkinder entwickelt, so dass endlich auch jüngste Erdenbürger biometrisch erfasst werden können.

Bisher scheiterte deren Erfassung daran, dass die existierenden Scanner die weicheren und feineren Abdrücke von Babyfingerchen nicht zu erfassen vermochten. NEC hat nun einen hochauflösenden Einheit entwickelt, die einen CMOS-Sensor mit 1270 Pixel pro Zoll (PPI) und eine spezielle Glasplatte aus Glasfiber zur Bildverbesserung nutzt.

Der Finger des möglicherweise kommenden Straftäters muss nun nur einige Sekunden auf Lesegerät abgelegt werden, dann ploppt er schon auf einem kleinen Bildschirm auf. Der Fingerabdrucknehmer kann das Bild kontrollieren und dann mit einen Klick abspeichern. Und schon lässt sich das Kind noch sicherer identifizieren.

Die Firma hat dabei nicht nur eine sicherere Verwaltung von Neugeborenen im Sinn, um Verwechslungen von Kindern zu vermeiden. Eine andere Anwendung ist die Identifizierung von Kindern in Entwicklungsländern, die an Impfprogrammen oder Lebensmittelhilfen teilnehmen. Und sicher werden sich auch Schulleiter und später Staatsanwälte freuen, wenn sie Kinderstreiche oder Jugendverbrechen selbst bei Ersttätern endlich besser zuordnen können. Vorausgesetzt, die Kinder haben nicht gelernt, dass Fingerabdrücke sich vermeiden – oder eben verändern lassen. ()