Internet Governance Forum: Strafverfolgung ohne Grenzen

Geheimdienste tun es mehr oder weniger legal, Strafverfolger wollen es auch: auf Daten außerhalb des eigenen Rechtsgebietes zugreifen. Auf dem Internet Governance Forum 2016 in Mexico werden konkrete Pläne diskutiert.

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Polizei - Virtueller Tatort

IGF 2016 in Mexico.

(Bild: IGF)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Monika Ermert
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Das Netz kennt keine Grenzen, Strafverfolger wollen sich ihrer entledigen: Auf dem Internet Governance Forum (IGF) im mexikanischen Guadalajara wird ein geplantes Abkommen zwischen den USA und Großbritannien für den direkten Zugriff britischer Strafverfolger auf US-Provider als mögliches Modell für die Reform der klassischen Rechtshilfeabkommen diskutiert.

Der schwierige Datenzugriff bei grenzüberschreitenden Ermittlungsverfahren wird von Strafverfolgern seit Jahren beklagt. 138.000 Anfragen haben 49 der 50 Vertragsstaaten der Cybercrime-Konvention des Europarates im vergangenen Jahr an sechs großen US-Internetgigangen wie Facebook oder Microsoft geschickt, berichtete Alexander Seger vom Council of Europe in Guadalajara.

Der Europarat ist der Ansicht, dass die Cybercrime-Konvention künftig so ausgelegt werden könnte, dass Bestandsdaten direkt von den Providern an Strafverfolger der Vertragsparteien abgegeben werden könnten. Das sei ein erster Schritt, damit die Rechtshilfeanfragen überhaupt gestartet werden könnten, sagte Seger. Für den kommenden Sommer rechnet Seger aber auch fest mit dem Start von Verhandlungen für ein geplantes Zusatzprotokoll zur Cybercrime Konvention. Damit sollen andere Datentypen, Inhalts-, Gesprächs- und Lokalsierungsdaten, grenzüberschreitend weitergegeben werden können.

Das US-Außenministerium hatte Mitte des Jahres eigenen Vorschlag vorgelegt – auch als Antwort auf andauernden Prozess gegen Microsoft zur Herausgabe von Daten von einem Server in Irland. Laut dem Entwurf vom Juli sollen künftig US-Provider Datenabfragen oder Abhöranordnungen von ausländischen Strafverfolgern nachkommen, wenn die US-Justizbehörden das entsprechende Land auf eine Unbedenklichkeitsliste aufgenommen haben. Möglicherweise könne das Abkommen, das derzeit zwischen den USA und den Briten diskutiert wird, ausgeweitet werden, sagte Paul Mitchell, Anwalt von Microsoft.

Auf jeden Fall bedürfe es einer Lösung für das Problem, dass sich Unternehmen bei den Grenzfällen derzeit zu entscheiden haben, welches nationale Recht sie brechen, meint Mitchell. Er empfahl zudem deutlich mehr Transparenz im grenzüberschreitenden Abfragewesen – eine Forderung, die auch ein Vertreter des deutschen Außenministeriums unterstützte. Deutschland und Brasilien haben im Committee 3 der Vereinten Nationen (UN) gerade weitere Schritte zu den UN Privacy-Beschlüssen initiiert.

Eine Reihe kritischer Fragen klären will Emma Llansó vom Center for Democracy & Technology. Ungeklärt sei etwa, wer in den USA die „Unbedenklichkeitsbestätigungen“ für Länder austellen werde, die künftig ohne US-Richtervorbehalt in US-Netzen ermitteln können sollen. Daneben gibt es auch noch ganz praktische Fragen wie die Authentifizierung der Strafverfolgerzugriffe. (vbr)