Kontrollen auf Kinderpornographie: Traumatisierte Mitarbeiter verklagen Microsoft

Zwei Ex-Mitarbeiter, die für Microsoft Online-Inhalte auf Kinderpornographie prüfen mussten, verklagen ihren alten Arbeitgeber: Sie seien durch das Gesehene traumatisiert und Microsoft habe zuwenig zum Schutz ihrer Psyche getan.

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Cybermobbing kein Massenphänomen

(Bild: dpa, Armin Weigel / Archiv)

Lesezeit: 3 Min.

Zwei ehemalige Mitarbeiter haben Microsoft verklagt und verlangen vom Unternehmen eine Entschädigung wegen posttraumatischer Belastungsstörungen. Wie The Register unter Berufung auf Gerichtsunterlagen berichtet, waren die beiden Männer im 2008 eingerichteten Online-Safety-Team tätig und hatten dort Inhalte aus dem Clouddienst Onedrive sowie der Suchmaschine Bing auf Kinderpornographie zu prüfen.

Dabei mussten sie laut Klageschrift tausende Bilder und Videos begutachten, „die fürchterliche, unmenschliche und ekelerregende Inhalte“ gezeigt hätten – zugleich habe Microsoft aber versäumt, sie angemessen darauf vorzubereiten. Auch die begleitende psychologische Betreuung sei mangelhaft gewesen.

In einem Stellungnahme gegenüber der BBC bestritt Microsoft den Vorwurf und erklärte, dass man beides ernst nehmen – sowohl die Pflicht, Darstellungen von Kindesmissbrauch an Behörden zu melden, als auch die Gesundheit und das Wohlergehen der eigenen Mitarbeiter.
Microsoft setzt zur Erkennung unter anderem auf die Software PhotoDNA, bei der Hashwerte bekannter Inhalte mit denen von aktuellem Material abgeglichen werden. Sollten Inhalte von der Software oder von Nutzern als bedenklich gemeldet werden, müssten diese dann von einem Mitarbeiter geprüft werden. Erst dann wende man sich an die Behörden.

Microsoft betonte, zahlreiche Vorsichtsmaßnahmen für die mit solchen Aufgaben betrauten Angestellten zu treffen. So müssten die Mitarbeiter diese Prüftätigkeit immer nur einen begrenzte Zeit des Arbeitstages ausüben. Dazu gebe es monatliche Einzelsitzungen mit einem psychologischen Berater für jeden. Außerdem gebe es technische Maßnahmen, die den "Realismus“ des zu sichtenden Materials senken sollen, etwa durch Eintrübungen, herabgesetzte Auflösung, getrennt zu begutachtende Video- und Audiospuren und ähnliches.

Laut Klageschrift hat das aber wenig gebracht. Einer der beiden Kläger war von 2011 bis 2013 in dieser Position tätig. Er habe zunehmende psychische Probleme entwickelt, die 2013 in einem geistigen Zusammenbruch kulminierten. Vorgesetzte sollen ihm mehr Ablenkung wie Spaziergänge während der Arbeitszeit empfohlen, ihn zugleich aber in Bewertungen wegen mangelnder Produktivität kritisiert haben.

Der andere Kläger war von 2008 bis 2014 als Prüfer eingesetzt. Er soll im Laufe der Tätigkeit psychische Probleme wie Depressionen, Panikattacken und Halluzinationen entwickelt haben. Hinzu käme eine Unfähigkeit, sich in der Nähe kleiner Kinder aufzuhalten – darunter auch bei seinem eigenen Sohn. Beide Kläger sehen sich in ihrer Erwerbsfähigkeit erheblich eingeschränkt.

Ein ähnlicher, wenngleich deutlich drastischerer Einblick in die Tätigkeit einer solchen digitalen Müllabfuhr bot sich vor kurzem durch Recherchen der Süddeutschen Zeitung. Angestellte bei der Bertelsmann-Tochter Arvato, die für Facebook Inhalte auf Verstöße prüfen sollen, berichteten, wie sie im Minutentakt mit Inhalten entsetzlichster Art konfrontiert würden. Mit den daraus resultierenden psychischen Problemen würden sie bei der mit Mindestlohn vergüteten Arbeit dann komplett alleingelassen.
(axk)