Wie Facebook aus unserem Offline-Leben lernt

Den meisten Menschen dürfte bekannt sein, dass das soziale Netzwerk Facebook Profildaten nutzt, um zum Nutzergeschmack passende Anzeigen einzublenden. Doch inzwischen werden dazu auch Informationen verwendet, die gar nicht aus dem Internet stammen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Michael Reilly
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Wer einen Facebook-Account hat, kennt den Deal: Man kann sich über das soziale Netzwerk mit Freunden, Familie und Kollegen vernetzen und nach Herzenslust kommunizieren und posten – und zahlt dafür nichts, erlaubt es dem Anbieter allerdings im Gegenzug, Daten zu sammeln, um darauf basierend dann Reklame anzuzeigen. Dazu gehören etwa die Artikel und Seiten, die man "liked", Videos, die man sich ansieht, Posts die man teilt – und so weiter.

Doch ganz so einfach ist es nicht. Wie eine laufende Untersuchung des investigativen Journalismusprojekts "ProPublica" zeigt, geht die Datenerhebung noch erheblich weiter. Facebook hat Verträge mit verschiedenen sogenannten Databrokern geschlossen, die dem Unternehmen Informationen zum Offline-Leben seiner User vermitteln. Darunter sind Dinge wie die monatlichen Einnahmen, die Lust an Restaurantbesuchen oder die Frage, wie viele Kreditkarten im Einsatz sind. Daraus wird dann ein noch größeres Datenprofil gebildet – ohne dass das die meisten Nutzer mitbekämen.

Facebooks Werbevermarktung ist eine erstaunliche Maschine. Das soziale Netzwerk hat die größte Nutzerbasis und lässt Reklametreibende enorm genaue Zielgruppe definieren, denen dann treffsicher angepasste Anzeigen serviert werden können. Zu den Auswahlmöglichkeiten zählen etwa persönliche Interessen, politische Grundeinstellung, Alter oder die verwendeten Mobilgeräte.

Diese Art von Microtargeting gilt als extrem wertvoll. Entsprechend interessant scheint es für Facebook zu sein, dem bei dem Netzwerk anfallenden Daten noch weitere hinzuzufügen, die offline entstehen. Denn: Es ist wesentlich besser, zu wissen, wie viel eine Person verdient oder ob sie in Luxusgeschäften verkehrt, als nur ihr "Like" für die Seite eines Kochsenders zu erfassen.

Facebook hat bislang stets betont, wie transparent das Unternehmen beim Sammeln von Nutzerdaten ist und welche Interessenskategorien es seinen Nutzern zuordnet. Jeder, der sich dafür interessiert, könnte sich dies in seinem Profil ansehen.

Doch auch das stimmt nicht ganz. Als Teil seiner Untersuchung hat ProPublica nun auch ein Werkzeug entwickelt, das das Einsehen der Interessenskategorien vereinfacht. Dabei wurde erfasst, welche Kategorien es überhaupt gibt. Seit September haben die Rechercheure über 52.000 entdeckt, zu denen auch sehr spezielle gehören – etwa ein Interesse am "Stillen in der Öffentlichkeit" oder das "vorgebliche Versenden von SMS in peinlichen Situationen".

Doch dabei blieb es nicht. Als ProPublica die Werbeplattform von Facebook besuchte, um die Parameter zu überprüfen, nach denen Nutzer ausgewählt werden können, wurden auch 600 Kategorien entdeckt, die als "übermittelt von einer dritten Partei" gekennzeichnet sind. Die meisten drehten sich um finanzielle Attribute und keine einzige davon taucht in den von Nutzern genannten Kategorien auf, die ProPublica mit seinem Werkzeug erfasste. Transparenz geht anders, Facebook.

(bsc)