Thunderstruck: Neue Bull- und Cray-Supercomputer mit ARM64-Prozessoren

Lange hat es gedauert und viele sind von ARM64 für Server und HPC schon wieder abgesprungen, doch mit dem Cavium ThunderX2 kommt (demnächst) neuer Schwung in die Supercomputer-Szene

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Thunderstrike: Neue Bull- und Cray-Supercomputer mit ARM64-Prozessoren
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Von
  • Andreas Stiller
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Schon seit 2011 experimentiert das Barcelona Supercomputer Center (BSC) im Rahmen des europäischen Supercomputer-Projektes PRACE mit verschiedenen ARM-Prozessoren für HPC – stark unterstützt von europäischen Förderprogrammen. Zunächst kam ein Prototyp-Board namens Tibidado – der Hausberg von Barcelona – mit Nvidia Tegra 2 zum Einsatz, bestückt mit-zwei ARM-Cortex-9-Kernen mit 1 GHz Takt. Später folgte dann unter anderem eine Plattform mit Tegra 3 (Pedraforca).

Für das zweite Förderprogramm der EU ab 2015 wechselte das BSC von Nvidias Tegra-Linie zu Samsung Exynos 5 mit zwei ARM-Cortex-A15-Kernen und mit Mali-T604 GPU. Der französische Hersteller Bull (jetzt Atos) baute als Hardware-Projektpartner ein Test-Rack mit 1080 Compute Cards, jedes bestückt mit einem Exynos-Prozessor, das 35 TFlops (Single Precision) erzielte, soviel wie etwa vier Nvidia P100-Karten. Dabei trugen etwa Dreiviertel der Gleitkommarechenleistung die Mali-GPUs bei. Nun läuft unter dem Namen Horizon 2020 das dritte EU-Förderprogramm für das Mont-Blanc-Projekt Phase 3 an, ebenfalls ausgestattet mit 8 Millionen Euro.

Als Basis wurde Caviums 64-bittiger ARMv8.2-Prozessor ThunderX2 ausgewählt, der sich derzeit noch in der Prototyp-Phase befindet. Auch jetzt fungiert wieder Bull/Atos als Hardware-Partner, der seine warmwassergekühlte Sequana-Linie um Cavium-ThunderX2-Boards erweitern will. Derzeit gibt es hierfür Blades für drei Broadwell-EP- oder Xeon-Phi -Knoten beziehungsweise für einen Knoten mit bis zu vier Nvidia Pascal-GPUs und mit NVlink 2.0 zwischen den GPUs (Sequana X115). Als Interconnect bietet Bull neben InfiniBand EDR auch den selbst entwickelten Bull eXascale Interconnect an (BXI), der bis zu 64.000 Kerne mit bis zu 16 Millionen Threads unterstützen soll.

Die warmwassergekühlten (40°C) Sequana-Blades von Bull mit Xeon, Xeon-Phi und demnächst auch mit Cavium-ThunderX2

(Bild: Bull/Atos)

Eine einzelne Sequana-Zelle mit 220 Xeon-Phi-7250-Prozessoren und mit BXI hat es bereits mit 380,5 TFlops in die aktuelle Top500-Liste der Supercomputer geschafft.

Atos und Cavium haben einen Kollaborationsvertrag unterzeichnet, so dass Mont-Blanc nun eine "Alpha-Site" für ThunderX2 wird. Cavium arbeitet auch eng mit Nvidia zusammen und Bull ist zudem auch Mitglied der OpenPower-Foundation, so dass das neue Mont-Blanc-System zumindest zum Teil vermutlich auch mit Nvidia-P100 bestückt sein dürfte.

Neben Barcelona hat auch das britische Science and Technology Facilities Council Hartree Center von Bull einen Sequana X1000 Supercomputer bestellt, gemischt bestückt mit Xeon- und Xeon-Phi-Blades, der 3,4 PFlops erreichen soll. Auch hier ist geplant, ihn später um ARM-Blades zu erweitern – dafür dürfte die EU aber wohl keine Fördermittel zur Verfügung stellen. Auch der britische Wetterdienst Met Office hat angekündigt, in Zusammenarbeit mit der GW4-Allianz einen Cray-Supercomputer mit ARM64 für zunächst 3 Millionen Pfund zu erwerben. Isambard, wie der Rechner heißt, soll mehr als 10.000 ARMv8-Kerne besitzen – und wegen der Partnerschaft von Cray mit Cavium kann man wohl auch hier ThunderX2-Prozessoren erwarten, das wären etwa 500 Stück. Daneben sollen auch Xeon- und Xeon Phi-Blades in die Cray CS-400 eingesetzt werden.

Die ThunderX2-Architektur wurde im letzten Jahr zur CompuTex in Taipeh und hierzulande auf der ISC 16 vorgestellt. Mit seinen 54 Kernen und bis zu 3,2 GHz Takt (Single) oder 3 GHz (Dual) sowie mit sechs DDR4-Speicherkanälen und hergestellt in 14-nm-FinFET-Technologie, soll der ThunderX2 zwei- bis dreimal schneller als der ThunderX-Vorgänger sein. Er wird so als ernstzunehmender Konkurrent zu Intels Skylake-Xeon gehandelt.

Wahrscheinlich werden Besucher der kommenden ISC 17 im Juni in Frankfurt ThunderX2-Systeme schon in echter Action bewundern können und zwar im Wettbewerb der Student Cluster Competition. Ein Studententeam der Polytechnischen Universität in Barcelona will unterstützt vom BSC und von ARM erneut angreifen. Im Vorjahr war das spanische Team "Thunderstruck" zwar mit dem ThunderX angetreten, hatte aber noch erhebliche Schwierigkeiten. Sein Mut wurde aber belohnt – es bekam den "Favoritenpreis" des Publikums.

(as)