IMSI-Catcher, Stille SMS & Co.: Digitale Ermittlungswerkzeuge bleiben schwer kontrollierbar

Die Zahl der IMSI-Catcher-Einsätze soll zurückgegangen sein, die Stillen SMS bleiben beliebt. Die Zahlen könnten aber weitaus aussagekräftiger sein, wenn die Bundesregierung die Einsatzzahlen von Zoll und Bundesnachrichtendienst nicht mehr geheim hielte.

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SMS-Schreiben war gestern

(Bild: dpa, Peter Kneffel/Archiv)

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti
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Die linken Abgeordneten Jan Korte und Andrej Hunko im Bundestag erkundigen sich seit 2012 regelmäßig bei der Bundesregierung, wie verschiedene Bundesbehörden mit zentralen digitalen Ermittlungsinstrumenten umgehen. Obgleich das Bundesinnenministerium weite Teile seiner heise online vorliegenden Antwort auf eine kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken als vertraulich oder geheim einstuft, lassen sich inzwischen Einsatztrends ablesen.

Die Anzahl IMSI-Catcher-Einsätze sank im zweiten Halbjahr 2016 deutlich. IMSI-Catcher gaukeln einem Mobiltelefon vor, ein normaler Funkmast zu sein, und greifen dabei dessen ständige Signale ab. Damit können auch den Ermittlungsbehörden bis dahin unbekannte Geräte geortet und identifiziert werden. Die Bundespolizei setzte im letzten Halbjahr die Geräte in 19 Fällen ein. Im Halbjahr davor waren es 36 Fälle gewesen.

Das Bundeskriminalamt setzte die IMSI-Catcher in 16 Fällen ein, im Halbjahr zuvor waren es 23 gewesen. Damit unterschritt die Einsatzintensität sogar das Niveau des Jahres 2014. Gleichwohl kamen IMSI-Catcher in fünf Landeskriminalämtern, dem Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW und dem Polizeipräsidium Köln zum Einsatz, wozu keine Zahlen vorliegen. IMSI-Catcher wurden außerdem im Rahmen von 11 Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts eingesetzt.

(Bild: Christiane Schulzki-Haddouti)

In keinem Fall wurden die Betroffenen über die Einsätze benachrichtigt, da es sich um laufende Verfahren handelt. Die Bundesregierung macht allerdings keine Angaben darüber, wie viele Betroffene aus mittlerweile abgeschlossenen Verfahren über den Einsatz benachrichtigt wurden. Die Benachrichtigung erfolgt seitens der Staatsanwaltschaften, die an die Politik darüber eine Rückmeldung machen können, aber nicht zwingend müssen. Im zweiten Halbjahr wurden keine Ausfuhrgenehmigungen für die Geräte erteilt.

Im zweiten Halbjahr 2016 setzten erstmals drei Behörden, nämlich das Bundeskriminalamt, der Generalbundesanwalt und der Bundesgerichtshof in Ermittlungsverfahren so genannte WLAN-Catcher in jeweils einem Ermittlungsverfahren ein. Ziel war es, die Kommunikationsmittel der Täter zu ermitteln. Die Betroffenen wurden über die Einsätze ebenfalls noch nicht benachrichtigt, da es sich um laufende Verfahren handelt. In den Halbjahren davor war es nur vereinzelt zu einmaligen Einsätzen von WLAN-Catchern gekommen. Welche Hard- und Software die Bundesbehörden für diese Geräte verwenden, unterliegt derzeit der Geheimhaltung.

(Bild: Christiane Schulzki-Haddouti)

Die Zahl der Funkzellenauswertungen ging im zweiten Halbjahr 2016 deutlich zurück – bei der Bundespolizei um den Faktor 0,8, bei der Zollfahndung um 0,7. Für das Bundeskriminalamt lieferte die Bundesregierung für dieses Halbjahr keine Zahlen. Andrej Hunko hält unter anderem deshalb "die digitale Spitzelei für kaum kontrollierbar" und fordert insgesamt für die digitalen Ermittlungsinstrumente eine "Überprüfung von intransparenten Rechtslücken".

Die Ermittlungsbehörden des Bundes setzten das Ermittlungsinstrument der "Stillen SMS" und der Funkzellenauswertung auch im zweiten Halbjahr 2016 intensiv ein. Das sind SMS, die nicht auf dem Empfängergerät angezeigt werden, jedoch auswertbare Verbindungsdaten erzeugen. Insgesamt verschickten die Bundesbehörden rund 208.000 solcher SMS, wobei sie knapp unter dem Allzeithoch im ersten Halbjahr mit rund 210.000 SMS blieben.

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Der Einsatz bei der Bundespolizei ging im Halbjahresvergleich um die Hälfte zurück, während sie sich beim Bundesamt für Verfassungsschutz glatt verdoppelte. Das Bundeskriminalamt (BKA) setzte im ersten Halbjahr 2016 das Ermittlungsinstrument der "Stillen SMS" allerdings in rund 17.000 Fällen und damit wiederholt um den Faktor 0,4 zurückhaltender ein. Jan Korte erklärt den Rückgang damit, dass Großverfahren zum Schutz der Bahnanlagen beendet wurden. Er hält es im Übrigen für "nicht hinnehmbar", dass die Bundesregierung die Einsatzzahlen von Zoll und Bundesnachrichtendienst noch immer geheim hält. (kbe)