Adblocker Shine: Vom Werbefeind zum Werbefreund

Jahrelang versuchte das umstrittene Unternehmen Shine Adblocker an Mobilfunk-Provider zu verkaufen. Nun der Strategiewechsel: Unter dem neuen Namen "Rainbow" bietet sich die Firma als Partner der Werbeindustrie an.

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(Bild: Viktors Kozers<br>)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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Neuer Beginn unter neuem Namen: Das US-israelische Unternehmen Shine hat sich in "Rainbow" umbenannt und hat ein neues Geschäftsmodell gewählt. Statt alle Werbung aus dem Datenstrom eines Mobilfunkproviders auszufiltern will das Unternehmen nun bestimmte Werbung auf die Geräte der Kunden durchlassen. Für den Dienst bezahlen soll die Werbewirtschaft.

Um das neue Geschäftsmodell vertreten zu können, benötigt das Unternehmen einen radikalen Imagewechsel. So hatte sich das noch junge Unternehmen immer wieder als Feind der Werbeindustrie inszeniert, die mit nervender Werbung den Nutzer geradezu unterdrücke. Diese Attitüde soll nun offenbar schnell vergessen werden: Die Firma hat nicht nur die alte Website, sondern auch alle bisherigen Nachrichten des eigenen Twitter-Accounts gelöscht.

Das neue Geschäftsmodell erinnert an das des Adblock-Plus-Herstellers Eyeo: Werbetreibende können ihre Werbemittel von Rainbow zertifizieren lassen, damit diese die beim Provider installierten Filter passieren können. Anders als die deutsche Firma will Rainbow diese Zertifizierung komplett kostenlos anbieten. Dabei will sich das Unternehmen nach den LEAN-Richtlinien des Interactive Advertising Bureau (IAB) richten, die einige der nervigsten Werbepraktiken wie automatisch abspielende Videowerbung mit Ton untersagen.

Das eigentliche Geschäftsmodell: Rainbow will eine Plattform namens "Insights" anbieten, die den Werbekunden bessere Einblicke in die Erfolge ihrer Werbung bieten sollen. Zudem will das Unternehmen "Brand Safety" anbieten, also Kunden davor schützen ihre Werbung auf imageschädlichen Plätzen wie Porno- oder Fake-News-Sites auszuspielen. Gleichwohl betont das Unternehmen: "Rainbow ist und wird niemals ein Werbenetzwerk sein oder ein Adtech-Anbieter". Stattdessen sei man ganz auf die Nutzererfahrung fixiert.

Dieser Gedanke steckt auch hinter der neuen Werbekampagne, bei denen die Nutzer aufgefordert werden, ihren Provider auf das Filterprojekt anzusprechen. Dies setzt allerdings voraus, dass der Provider zuerst einen Vertrag mit Rainbow abschließt. Wie Unternehmenssprecher Roi Carthy auf Nachfrage von heise online mitteilt, sollen auch die Provider an den Umsätzen des Adblockers beteiligt werden. Um besser mit den Industrievertretern ins Gespräch zu kommen, will Rainbow mehreren Branchenorganisationen beitreten.

Der Wechsel scheint nur folgerichtig: So hatte Shine immer wieder damit geworben, dass man im Gespräch mit großen Mobilfunkprovidern stehe. Doch den Gerüchten folgten keine Vertragsabschlüsse, obwohl die Investoren des Unternehmens eng mit der Mobilfunkbranche verwoben sind. Der britische Mobilfunk-Provider Three ließ im vergangenen Jahr Pläne zur Einführung des Werbefilters fallen, nachdem das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (Gerek) im vergangenen Jahr einen solchen zentralen Adblocker als mit den europäischen Netzneutralitätsregeln unvereinbar eingestuft hatte.

Three wird nun auch als "Design-Partner" für das neue Geschäftsmodell Rainbows bezeichnet, dazu will das Unternehmen auch einen ungenannten "Top-3"-Werbekonzern und eine globale Medienorganisation als Partner gewonnen haben. Unklar bleibt jedoch, wie das Rainbow seine Filter an die europäische Gesetzeslage anpassen will. Zwar will das Unternehmen künftig ausschließlich ein Opt-In-Modell anbieten, bei dem die Nutzer dem Eingriff in den Datenverkehr explizit zustimmen müssen. Gleichzeitig haben aber Medienkonzerne wie Axel Springer immer wieder klargemacht, dass sie kommerzielle Eingriffe in ihre eigenen Plattformen aggressiv bekämpfen werden. Auch ist unklar, ob Rainbow-Nutzer damit leben müssen, auf Angebote mit Adblocker-Blockern nicht mehr zugreifen zu können.

Dass es bei dem Angebot nie ausschließlich um Kundenfreundlichkeit ging, zeigte die erste -- und bisher einzige Partnerschaft mit dem Provider Digicell in Jamaika. So forderte der Chef des Mobilfunkproviders von Internetkonzernen wie Google, Facebook und Yahoo Ausgleichzahlungen, um deren Werbung durch die Filter zu lassen. Die Konzerne gingen auf solche Forderungen aber nicht ein. (axk)