Auch unsportliche Studienabbrecher: Bundeswehr sucht Rekruten für den Cyber-Krieg
Die Aufstellung einer Cyber-Armee stellt die Bundeswehr vor Herausforderungen. Um im digitalen Krieg zu siegen, muss die Truppe zunächst den Kampf um IT-Experten gewinnen. Denn die sind nicht nur beim Bund gefragt.
Eine schlagkräftige Cyber-Armee erfordert nach Einschätzung des Verteidigungsministeriums ein radikales Umdenken bei der Personalsuche der Bundeswehr. Die Regeln etwa für die Cyber-Reserve müssten geändert werden, sagte die Staatssekretärin im Ministerium, Katrin Suder, am Montag bei einer Veranstaltung zur Cyber-Sicherheit in Berlin. Es gebe viele "Nerds", die ihr Studium abbrechen würden. Mittlerweile dürften sie in der Truppe auch mit abgebrochenem Studium bestimmte höhere Laufbahnen einschlagen.
Auch der Fitnessgrad der Bewerber müsste bei der Einstellung überdacht werden. "Denn es ist was anderes, wenn ich das Ganze quasi mit dem Mausklick mache, als wenn ich als Pionier Brücken verlege."
IT-Fachkräfte dringend gesucht
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) stellt an diesem Mittwoch die neue Cyber-Armee der Bundeswehr in den Dienst. Der militärischen Organisationseinheit sollen etwa 13.500 Soldaten und zivile Mitarbeiter angehören.
Die Bundeswehr sucht bereits seit längerem für den Cyber-Raum IT-Fachkräfte. Die Bundeswehr mache bei der Personalsuche Fortschritte, sagte Suder: Bereits 2016 seien 60 Prozent mehr Informatiker eingestellt worden als im Vorjahr.
Bei Personal und Innovationsgeschwindigkeit würden in dem Bereich völlig neue Regeln für die Truppe gelten. "Das sind ja keine Innovationszyklen mehr, wie wir sie vom Eurofighter her kennen." Im Gegensatz zu schweren Waffensystemen seien die Zyklen viel schneller. Mit einem "Cyber Innovation Hub" – ein Pilotprojekt über drei Jahre für rund 25 Millionen Euro – sucht die schwerfällige Truppe nun den Kontakt zur agilen Start-up-Szene, um technisch nicht abgehängt zu werden. "Weil wir versuchen wollen, in das Ökosystem reinzukommen."
Digitale Attacken vereiteln und ausüben
Die Informatiker-Armee soll künftig Waffensysteme und Computernetze der Bundeswehr schützen, aber auch zu Angriffen in der Lage sein. Sie könnte etwa in einem Auslandseinsatz das Internet überwachen, die Kommunikationskanäle des Gegners stören, um ihn zu isolieren, sagte Suder. Cyberangriffe unterlägen denselben Regeln wie andere Einsätze der Truppe. Das Internet sei kein rechtsfreier Raum.
Die neue Cyber-Armee sei dringend nötig. Suder berichtete von Tausenden Angriffen auf die Netze der Bundeswehr jeden Tag. "Es ist keinerlei Science-Fiction mehr, sondern bittere Realität", sagte die Staatssekretärin. "Wenn man IT, Digitalisierung und damit eben auch Schutz hinkriegen will, muss man IT-Architektur aus einer Hand designen und zukunftssicher und fest machen und auch gegen Attacken schützen." Die Bundeswehr könnte in dem Bereich eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen.
Zu Arbeitsplätzen und Stellenangeboten in der IT-Branche siehe auch den Stellenmarkt auf heise online:
(hze)