FBI-Chef nennt Wikileaks-Veröffentlichungen "Geheimdienst-Pornographie"

FBI-Chef James Comey gab in einer Anhörung im Senat Bemerkenswertes zu einem möglichen Verfahren gegen Wikileaks und zu Geheimdienstaktivitäten seiner Behörde zu Protokoll.

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FBI-Chef nennt Wikileaks-Veröffentlichungen "Geheimdienst-Pornographie"

James Comey im Rechtsausschuss des US-Senats.

(Bild: senate.gov)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

FBI-Chef James Comey zog in einer Anhörung im Rechtsausschuss des US-Senates am Mittwoch eine scharfe Linie zwischen den Veröffentlichungen von Wikileaks und denen von US-Journalisten. Wikileaks-Veröffentlichungen großer Dokumentensätze seien kein Journalismus, sondern "Geheimdienst-Pornographie", sagte Comey. In der vierstündigen Anhörung ging es auch um die Verlängerung der Abhörbefugnisse im Ausland.

Der FBI-Chef hielt sich auf konkrete Fragen zu einer bevorstehenden Anklage gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange bedeckt. Er wolle weder bestätigen, dass es eine Anklage gebe, noch dass es keine gebe. Assange "ist bislang nicht festgenommen, weil er in der Botschaft von Ecuador sitzt", sagte Comey.

Die US-Justiz habe über Jahrzehnte die Auffassung vertreten, dass journalistische Recherche nicht verfolgt werde, auch wenn sich Journalisten als geheim klassifizierter Dokumente bedienen. Das Strafrecht halte sich gezielt an diejenigen, die die Information preisgegeben hätten. US-Journalisten hielten sich, anders als Wikileaks auch an ungeschriebene Regeln: "Sie rufen uns praktisch immer an, bevor sie etwas aus klassifiziertem Material veröffentlichen und fragen, ob dadurch eine Gefahr für Leib und Leben entsteht." Wikileaks dagegen habe sich mittlerweile zum "Kanal der Russen" gemacht und mit der Veröffentlichung von geheimen Dokumenten die nationale Sicherheit der USA gefährdet.

Entschieden vertrat Comey auch die Position, dass die viel kritisierten, geheimen Abhörungen nach Abschnitt 702 des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) unverzichtbar sind. "Sie sind unser Fenster in die dunkle Seite", sagte Comey, der in seinem Eröffnungsstatement einmal mehr geklagt hatte, dass seine Behörde durch zunehmende Verschlüsselung blind und taub zu werden drohe.

Die FISA-Statut, das der Überwachung von Terrorverdächtigen im Ausland dient, läuft im Sommer aus und muss vom US-Gesetzgeber verlängert werden. Während US-Bürgerrechtsorganisationen wie die Electronic Frontier Foundation auf klare Einschränkungen oder ein Ende der umstrittenen Befugnis pochen, übte sich die NSA vergangene Woche in Demut. Sie setze manche Aktivitäten aus, weil sie nicht komplett sicherstellen könne, dass nicht doch auch Daten von US-Bürgern erfasst würden.

So sollen nur noch direkte Verbindungen einer Zielperson erfasst werden, nicht aber aus den Datenströmen ausfilterbare Datenpunkte "über" die Zielperson. So schnell wie möglich wolle sie auch "Upstream"-Datensammlungen löschen, versprach die NSA. Mit diesem Schritt will die Behörde dem Kongress die Verlängerung offensichtlich schmackhaft machen. Auch Comey versichert, ihm sei nichts über eine Nutzung des Statuts abseits von Ermittlungen in Sachen nationaler Sicherheit bekannt, etwa gegenüber ausländischen Diplomaten.

Die demokratische Senatorin Dianne Feinstein kündigte in der Anhörung auch neue gesetzgeberische Unterstützung für das FBI an. Einerseits versprach sie einen neuen Vorstoß in Richtung Entschlüsselungsverpflichtung in Fällen, in denen die nationale Sicherheit betroffen sei. Comey hatte berichtet, dass die Behörde im jüngsten Halbjahr auf 3000 Geräte nicht zugreifen konnte, weil diese Verschlüsselung nutzten.

Außerdem kündigte Feinstein eine Neuauflage eines Gesetzes an, das Social-Media-Plattformen verpflichten soll, terroristische Umtriebe zu melden. Neue gesetzgeberische Entwicklungen in Europa zeigten, dass die Gesetzgeber auch dort inzwischen eher geneigt seien, Datenschutz-Bedenken angesichts der wachsenden Gefahren durch Terrorismus und Extremismus zurück zu stellen, sagte Feinstein. (anw)