Identitätsprüfung: Bundestag erlaubt Zugriff auf Handy-Daten von Asylbewerbern

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge darf künftig Mobiltelefone und andere portable Datenträger auslesen, wenn Asylsuchende ihre Identität nicht anderweitig nachweisen können. Dies hat das Parlament beschlossen.

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Cybermobbing per Handy

(Bild: dpa, Armin Weigel/Symbolbild)

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Der Bundestag hat am Donnerstagabend mit der Koalitionsmehrheit einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem die Ausreisepflicht von abgelehnten Asylbewerbern besser durchgesetzt werden soll. Teil der Initiative ist eine Befugnis für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), künftig die Mobiltelefone und andere Datenträger wie Laptops, Tablets oder USB-Sticks von Asylsuchenden auszuwerten, um deren Identität und Staatsangehörigkeit feststellen zu können. Voraussetzung dafür ist, dass der Asylbewerber keine Ausweispapiere vorlegt oder Name und Herkunft nicht anderweitig nachweisen kann.

Der Entwurf sieht auch vor, dass ausreisepflichtige Ausländer vor ihrer Abschiebung besser überwacht sowie leichter in Abschiebehaft genommen werden können, wenn von ihnen "eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter" oder die innere Sicherheit ausgeht. So sollen sie zum Tragen einer elektronischen Fußfessel verdonnert werden, wenn sie nicht sofort abgeschoben werden können. Die Opposition sowie zwei SPD-Fraktionsmitglieder stimmten gegen das Vorhaben. Die Linke Ulla Jelpke sprach von einem "Sammelsurium flüchtlingsfeindlicher Schweinereien". Asylsuchende seien kein Freiwild. Für die Grünen rügte Volker Beck, dass der Entwurf in jedem Bereich völlig übers Ziel hinausschieße. Das Bundesverfassungsgericht werde das Blendwerk der Koalition bald um die Ohren hauen.

Den ursprünglichen Regierungsentwurf haben die Abgeordneten noch an einigen Punkten im Einklang mit einer Empfehlung des federführenden Innenausschusses überarbeitet. Demnach soll ein umfassender Datenaustausch zwischen den zuständigen Behörden erlaubt werden, wenn bekannt wird, dass ein Asylberechtigter oder schutzbedürftiger Ausländer in sein Herkunftsland gereist ist. Das Bundeskriminalamt (BKA) kann zudem erhobene Daten mit klarer Zweckbestimmung auch an die zuständigen Stellen von Drittstaaten übermitteln, die für eine Identitätsprüfung zuständig sind. Ausgenommen sind das Herkunftsland oder Staaten, in denen den Betroffenen ernste Gefahren drohen. Eine Vaterschaft darf ferner nicht "missbräuchlich" anerkannt werden, um Angehörige nachzuholen.

Scharfe Kritik hatte zuletzt der Deutsche Anwaltverein geübt. Er bemängelte in einer Stellungnahme, dass die Lizenz zur Inspektion von Datenträgern mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem als Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme nicht vereinbar und somit unverhältnismäßig sei. Die Juristen vermissten zudem ausreichende Regeln zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung sowie verfahrensrechtliche Schutzvorkehrungen, da etwa die Inhalte von Handys vollständig auf BAMF-Servern gespiegelt werden dürften und so der "gesamte digitale Hausstand" der Betroffenen durchsucht werden könne. Es sei zu befürchten, dass dieses Instrument durch die Hintertür zur Standardmaßnahme werde.

Zuvor hatte die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff (CDU) es als potenziell verfassungswidrig eingestuft, wenn Mobiltelefondaten ohne richterliche Anordnung systematisch ausgewertet würden. Ein BAMF-Vertreter betonte dagegen bei einer parlamentarischen Anhörung, dass es beim "Handy-Auslesen" darum gehe, "in einer bestimmten Zielgruppe die Plausibilität des Asylantrages zu erleichtern". Dies sei im Sinne der Betroffenen, da die Behörde dazu neige, Gesuche abzulehnen, wenn Identität oder Herkunftsland nicht aufzuklären seien. (kbe)