3D-Drucker für unter 200 Euro: Tevo Tarantula

3D-Drucker-Bausätze aus China werden immer billiger. Der Tevo Tarantula soll für knapp 200 Euro dank leistungsfähigem Heizbett sogar ABS drucken können. Die Konstruktion geht dabei mit Rollen statt Linearkugellagern ungewöhnliche Wege.

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3D-Drucker aus China für weniger als 200 Euro: Tevo Tarantula
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Johannes Merkert
Inhaltsverzeichnis

Ein Freund schreibt mir eine Kurznachricht mit einer englischen YouTube-Review eines 3D-Druckers namens Tarantula von einer mir unbekannten chinesischen Firma namens Tevo: "Bei Aliexpress gibt es das Ding für 200 Dollar. Taugt der was?" Ich bin skeptisch. Immerhin habe ich für die Bauteile meines selbst gebauten MendelMax vor nicht mal einem Jahr mehr als das Doppelte bezahlt. Der YouTuber lobt die Verpackung, die Konstruktion und schlägt ein paar Verbesserungen vor. Dann zeigt er Testdrucke. Ich bin völlig baff: Was er hochhält, sieht ordentlich aus.

Ich suche bei Aliexpress und finde das Angebot für den Bausatz. Auf der eigenen Webseite bietet Tevo den Drucker sogar noch billiger an. Den Tevo Tarantula gibt es in mehreren Varianten. Die Billigste kostet tatsächlich weniger als 200 Dollar. Für den Preis bekommt man den Bausatz mit einem Extruder und einem beheizten Druckbett. Mit dieser Ausstattung eignet er sich bereits zum Drucken von PLA und ABS. Für beide Materialien legt der Hersteller eine kleine Rolle Filament mit in den Kasten.

Wer bereit ist mehr auszugeben, kann verschiedene Extras dazubuchen: automatische Höheneinstellung des Betts, ein zweiter Extruder, vergrößerter Baurum. Mich lockt der Preis, ein Rest Misstrauen lässt mich aber nur die Basisvariante für 200 bestellen.

Drei Wochen später versucht ein UPS-Fahrer, das Paket zu liefern. Glücklicherweise ist der Mitbewohner zu Hause – nimmt das Paket aber nicht an. 81 Euro an Zollgebühren wollte er ohne Rücksprache erstmal nicht bezahlen. Da der Bausatz direkt aus China kommt, muss ich die Einfuhrumsatzsteuer nachbezahlen.

Ich hatte auf weniger Zollgebühren gehofft, lege aber für die nächste Gelegenheit 81 Euro auf den Küchentisch. Mit UPS spiele ich noch drei Tage Katz-und-Maus, bis das Paket endlich in meinem Zimmer steht. In einem Punkt hatte der YouTuber schon mal recht: Der Drucker ist gut verpackt.

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Für den Zusammenbau stelle ich mir zwei Klapptische auf, um ordentlich Arbeitsfläche zu haben und lege los: Im Kasten finden sich in Schaumstoff gebettete Aluprofile, lasergeschnittene Acrylglasteile und in beschriftete Tütchen verpackte Schrauben. Voller Begeisterung schlage ich die Aufbauanleitung auf und stehe vor einem Rätsel. Die Anleitung erinnert mich an Ikea, es steht praktisch kein Text dabei. Allerdings hätte sich wohl nicht mal Ikea getraut, den Aufbau eines 3D-Druckers auf acht Seiten mit Explosionszeichnungen zusammenzufassen. Glücklicherweise habe ich bei meinen vorherigen Druckerprojekten ein grundsätzliches Verständnis für die Mechanik entwickelt. Wer noch kein Vorwissen hat, sollte an dieser Stelle unbedingt nach Aufbau-Tipps im Internet suchen.

Der gesamte Aufbau kostete mich siebeneinhalb Stunden. Ohne die Irrwege, die ich wegen der zu knappen Anleitung beschritten habe, wäre der Aufbau wohl auch in sechs Stunden möglich. Das Werkzeug zum Schrauben liegt dem Bausatz bei. Ich musste aber an zwei Stellen auf meine eigene Werkstatt zurückgreifen: Zum einen waren ein paar Schrauben zu lang und zum anderen hatte das Entkopplungsglied zwischen z-Motor und z-Spindel eine für den Durchmesser der Trapezspindel zu kleine Bohrung. Mein Versuch die mit einer Ständerbohrmaschine aufzubohren produzierte ein exzentrisches Loch, weshalb ich das Teil auf einer Drehbank ausdrehen und ausbuchsen musste - ärgerlich. Das falsche Teil in meinem Bausatz scheint aber ein Einzelfall gewesen zu sein, da andere Käufer das Problem nicht hatten.

Nach dem mechanischen Zusammenbau schließe ich das Netzteil an und der Drucker bootet. Zunächst verwirren mich seltsame Zeichen auf dem Display, die aber verschwinden, sobald ich den Drehknopf daneben bewege. Stattdessen erscheint ein Menü, über das ich testweise die Motoren bewegen und Hotend und Bett aufheizen kann. Die Bedienung läuft sehr intuitiv über einen einzelnen Drehsignalgeber, den man zum Auswählen drückt. Per USB verbinde ich mich mit Printrun und bin ebenfalls in der Lage die Achsen zu verfahren und die Temperaturen zu messen und einzustellen.

Unsere Testdrucke zeigen: Mit dem Tarantula lassen sich nützliche Objekte produzieren.

Nur Drucken kann ich nicht: Der USB-Anschluss ragt so übers Druckbett hinaus, dass der Druckkopf dagegen fahren würde. Das ist nicht schlimm, da der Tarantula auch von SD-Karte druckt. Wer ihn mit Octopi betreiben will, sollte das Mainboard um 180 Grad gedreht einbauen, damit der Stecker nach außen ragt.

Der Tarantula entspricht weitgehend dem Open-Source-Design Prusa i3. Die Slicing-Software Cura bringt beispielsweise ein fertiges Profil für den i3 mit, das auch mit dem Tarantula funktioniert. Die mitgelieferte Firmware interpretiert den von Cura auf die SD-Karte geschriebenen G-Code problemlos. Wir haben den Drucker im c't-Labor sämtliche Teststücke der englischen Make drucken lassen. Die Ergebnisse haben die Kollegen bereits in ihre 3D-Drucker-Übersicht aufgenommen.

Ausführlicher Test des 3D-Druckers Tarantula von Tevo in c't 13/17

Maßgenauigkeitstest 4 von 5
Brückentest 1 von 5
Überhangtest 3 von 5
Toleranztest 1 von 5
Test feiner Strukturen 4 von 5
x-y-Resonanztest 2 von 2
z-Resonanztest 2 von 2
Lärm 6,6 Sone

(pmk)