Digitalgipfel: Deutschland als Vorbild gegen nationale Engstirnigkeiten

Auf dem Digitalgipfel gab Bitkom-Chef Thorsten Dirks die Parole "Digital First" aus und lieferte eine politischere Rede ab als Bundeskanzlerin Angela Merkel, die nach ihm sprach.

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Digitalgipfel: Deutschland als Vorbild gegen nationale Engstirnigkeiten
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Von
  • Detlef Borchers

Deutschland muss nach Ansicht von Bitkom-Chef Thorsten Dirks bei der Digitalisierung ein wesentlich höheres Tempo vorlegen als bisher. Die Digitalisierung sei wie ein Cross-Marathon in einem extrem guten Feld, sagte Dirks am Dienstag auf dem Digitalgipfel. Deutschland habe gute Chancen, sich unter der Parole "Digital First" gegenüber anderen Staaten durchzusetzen, in denen gerade das "Nationale" in den Vordergrund gerückt sei. "Der aufgeklärte Teil der Welt erwartet jetzt auch eine politische Führungsrolle von Deutschland, das mit seiner hohen Integrität und Verlässlichkeit sowie seiner enormen wirtschaftlichen Stärke mehr Verantwortung übernehmen muss", erklärte Dirks. Es gelte auch für IT-Unternehmen, jetzt mehr Verantwortung zu übernehmen und mit "Digital First" Engagement zu zeigen.

Für den Bitkom-Chef ist Deutschland in den Bereichen 3D-Druck und Künstliche Intelligenz weltweiter Marktführer. Auch bei der Plattformökonomie sei man auf dem Weg an die Spitze. Dirks verwies auf das Beispiel von Flixbus, das mit kleinen Busbetrieben eine Plattform mit 11.000 Routen betreibe und so Marktführer geworden sei. "Deutschland muss frecher werden, wir besitzen eine enorme Menge an disruptiven Technologien", sagte Dirks. Für die kommende Legislaturperiode wünscht sich der Bitkom nicht bloß eine Fortschreibung der "Digitalen Agenda" durch die nächste Bundesregierung, sondern ein komplettes "digitales Regierungsprogramm" für alle Lebensbereiche.

Wenn Deutschland alles auf die digitale Karte setze und seine "Gewinnergeschichte" fortsetze, könne dies auch auf andere Staaten ausstrahlen, die sich als aufgeklärter Teil der Welt verstehen, sagte Dirks. Dabei spiele die "digitale Inklusion" eine zentrale Rolle. Heute sei jeder fünfte Bundesbürger verunsichert, was die digitale Teilhabe anbelange. Wenn diese Bürger bei "Digital First" mitgenommen würden, führe die Reise zu einem selbstbewussteren zukunftsfrohen und international ausgerichteten Deutschland als Vorbild für alle.

Anschießend betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), dass die Bundesregierung die Digitale Agenda fortsetzen werde und dabei bewusst den Regionen eine Chancen geben wolle. Als Beispiel führte sie die Rhein-Neckar-Region an, die die Region mit der "größten Software-Dichte" von ganz Deutschland stelle. Den im Bund-Länder-Finanzierungsausgleich festgelegten Bürgerportalverbund bezeichnete Merkel als "Quantensprung" in der Digitalisierung und als Vorbild an Datensparsamkeit im Umgang mit Bürgerdaten. Dennoch müsse bei allem Datenschutz der Umgang mit großen Datenmengen diskutiert werden, denn aus ihnen könnten neue Produkte entwickelt und "große Wertschöpfungsketten" gebildet werden, etwa in der Präzisionsmedizin, einem der Themenschwerpunkte des Digitalgipfels.

Die "glücklicherweise verabschiedete" EU-Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) müsse jetzt umgesetzt werden, sagte Merkel und forderte die IT-Industrie auf, bei der nun notwendigen Informationsoffensive zur DS-GVO mitzuwirken. Neben anstehenden Überlegungen, aus der Schul-Cloud eine bundesweite Bildungs-Cloud zu formen, bewertete Merkel die IT-Bildung: "Es fehlen hunderttausende IT-Spezialisten, die gerade der Mittelstand dringend braucht". Nachdem sie sich vergewissert habe, dass die Wirtschaftsministerin und Darmstädterin Zypries keine Rolle gespielt habe, gratulierte Merkel der Stadt Darmstadt für den Sieg im Wettbewerb zur "Digitalen Stadt".

Die Bundeskanzlerin gab sich zuversichtlich, dass auch im nächsten Jahr ein Digitalgipfel stattfinden wird, konnte aber nicht, wie in der Vergangenheit üblich, den Austragungsort bekannt geben. Dieses sei Aufgabe der nächsten Bundesregierung.

(vbr)