Schweizer Kryptovalley: Digitale Identität auf der Blockchain

Eine Schweizer Gemeinde – das Städtchen Zug – gibt als erste Kommune der Eidgenossenschaft ab Herbst allen ihren Bürgern die Möglichkeit, eine "digitale Identität“ auf Blockchainbasis zu erhalten.

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Bitcoin

(Bild: dpa, Jens Kalaene/dpa)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Tom Sperlich
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Bereits vor einem Jahr begann Zug als erste Gemeinde weltweit, die Kryptowährung Bitcoin als Zahlungsmittel für Dienstleistungen des Bürgeramtes bis zu einem Gegenwert von 200 Franken (175,- Euro) zu akzeptieren. Nun machen Stadtrat und Verwaltung des Städtchens in der Innerschweiz den nächsten Schritt und ermöglichen ihren Bürgern demnächst – laut eigenen Aussagen wieder als erste Kommune weltweit – eine elektronische Identität auf einer Blockchain zu erhalten.

Damit sollen Anwender ihre Amtsgeschäfte sicher online erledigen können. Dazu kommen noch weitere Anwendungen, die auf einer mobilen App aufsetzen, via derer die digitale Identität auf der Blockchain registriert werden kann. Die App namens "uPort“ wurde von der Zuger Firma Consensys entwickelt und bezeichnet sich als "dezentralisierte Identitäts-Plattform für Menschen, Unternehmen, Geräte und Bots“.

"Wir wollen eine (…) Art digitalen Pass für alle möglichen Anwendungen“, betont Zugs Stadtpräsident Dolfi Müller. "Und wir wollen diese digitale ID nicht zentralisiert bei der Stadt, sondern auf der Blockchain. Wir überprüfen und bestätigen lediglich die Identität einer Person.“ Im Gegensatz zu anderen diskutierten E-ID-Verfahren basiert diese digitale ID auf der öffentlichen Ethereum-Blockchain, auf der auch die zweitgrößte Kryptowährung Ether fußt. Die Stiftung Ethereum hat ebenfalls ihren Sitz in Zug, so wie eigentlich die gesamte Stadt mit Umland inzwischen auch als "Kryptovalley Zug“ tituliert wird.

Im Moment nimmt sich die Zuger Projektgruppe noch Zeit, um die Anwendung zu testen, erste Erfahrungen zu sammeln und weitere Anwendungsbereiche zu evaluieren. Ab Anfang September 2017, der ersten Pilottestphase, können dann schließlich die Zuger Bürgerinnen und Bürger ihre Identität eigenständig mithilfe der App registrieren. Dazu geben sie ihre persönlichen Informationen verschlüsselt in die uPort App ein und schicken eine "Attestierungs-Anfrage“ an die Zuger Stadtverwaltung. Die Identität wird bei der Einwohnerkontrolle beglaubigt und die Verifikation auf die App zurückgemeldet. Die Bestätigung enthält eine ID, die mit einer kryptographischen Adresse auf der Ethereum Blockchain verlinkt ist.

In der Phase ab September, wenn die E-ID-Lösung "live geht“, können dann auch alle Entwickler auf der seit Jahren in Zürich stattfindenden "HackZurich" eine E-ID mittels App auf der Ethereum-Blockchain registrieren. Die Zuger Projektgruppe plant, die Teilnehmenden darauf anzusetzen, neue Applikationen für die E-ID-App auszuhecken.

In der zweiten Projektphase, voraussichtlich im Frühling 2018, will man dann in Zug eine erste konkrete (basisdemokratische) Anwendung der E-ID testen: eine sogenannte Konsultativabstimmung. Bei dieser Art von Volksbefragung mit rechtlich nicht bindendem Charakter handelt es sich um eine der verschiedenen Abstimmungs-Formen in der Schweiz. Die Konsultativabstimmung wird normalerweise auf Gemeindeebene abgehalten, um ein Meinungsbild für anstehende politische Geschäfte zu erhalten. Beteiligt an der Entwicklung der Zuger E-ID waren nebst Consensys auch das Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern und die Firma ti&m aus Zürich.

Ansonsten stagniert in der Schweiz die Entwicklung einer (nationalen) E-ID etwas, man könnte gar sagen: Der Status quo ist verwirrend. Die digitale ID aus Zug stößt quasi in diese Wolke potenzieller Möglichkeiten, die sich derzeit in Entwicklung befinden und ist jetzt ziemlich vorgeprescht. Ungeachtet dessen, dass eine elektronische ID namens "SuisseID“ bisher schon erwerbbar war – wenn auch mit einigen Ausnahmen und Kosten. Und nicht gerade breit erfolgreich. Nun soll es eine "Swiss ID“ geben und eventuell weitere digitale-Identitäts-Applikationen. Was landesweit kommen wird und wer die Lösung betreiben wird, ist noch mehr als unklar. Verschiedene Anbieter stehen in den Startlöchern, so etwa Swisssign, ein Zusammenschluss auf Post und SBB, ferner ein Konsortium aus UBS, der Credit Suisse und der Swisscom. (axk)